Neunundsechszig Jahre am Preussischen Hofe : aus den Erinnerungen der Oberhofmeisterin Sophie Marie Gräfin von Voss : mit einem Porträt in Stahlstich und einer Stammtafel

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König iſt ſehr krank, aber troy deſſen ging man in's Theater. Jh hatte entſeßli<h viel Anfrage - Beſuche; Abends waren

alle Höfe bei uns. 15, November.

Die Königin fuhx mit dem Kronprinzen nah Potsdam, welcher leßtere ſehx traurig von da zurü>kam. Er hatte den König ſehr ſ<hle<t gefunden und ging, um ſich zu zerſtreuen, in's Theater, kam abex ſehr bald zurüct und betrübt blieb

ex mit uns allein. 16, November.

Ein Feldjäger kam mit der Nachricht, daß der König im Sterben ſei. Dex Kronprinz wollte gleich fort, aber ex zögerte dann und fuhr exſt gegen Mittag. Um 1 Uhr kam die ſhre>li<he Nachricht, daß der König bereits um 9 Uhr geſtorben ſei. J< ging hinauf im Puder-Mantel, wie ih war, es der jeßigen Königin anzuzeigen. Die Radziwill's waren bei ihr, wir weinten Alle vereint um ihn! — J<h war halb todt vor Schmerz, konnte niht eſſen und fuhx Nachmittags nah Potsdam. Dort fand ih den jehigen König und wünſchte ihm Glück und Segen! — Der Vexr= ewigte wurde von dem erſten Bataillon bereits nah dem Schloß getragen.

: 17. November.

Jh habe niht geſchlafen, Jh ging zweimal zu dem theuren Verſtorbenen, um ihn zu ſehen, ex iſt ſehr mager, aber gar niht verändert, nux etwas geſchwollen. Wir fuhren nah Berlin zurü> und tranken Thee bei dex KöniginMutter, die wirkli<h betrübt iſt. Meine Königin iſ ganz betäubt und ergriffen, und der König iſt es ebenfalls. Beide ſind in Wahrheit ſehr traurig und dex junge König, nah ſeiner edlen Denkungsart, hätte gerne die Krone no< ent=-