Neunundsechszig Jahre am Preussischen Hofe : aus den Erinnerungen der Oberhofmeisterin Sophie Marie Gräfin von Voss : mit einem Porträt in Stahlstich und einer Stammtafel

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Wir tvaren in der Citadelle; man ſieht nur kranke und bleſſirxte Ruſſen, welche dur<transportirt werden und hier übernahten. Noch trennt die Memel die beiden Armeen, und wix bleiben hier ſo lange es geht, bis zum lehten Moment der Möglichkeit.

J< nahm Abſchied vom König, der Abends abreiſte. Hardenberg hat ſih mit der Perſon, Namens Schönemann, trauen laſſen, mit der ex ſeit Jahren lebte. Jh finde das ganz recht von ihm, wenigſtens beſſer, als den bisherigen Zuſtand.

' Ex allein, Kleiſt und Jagow gehen mit dem König, alle Anderen bleiben hier. 20. Juni.

Die Königin wax den ganzen Morgen bei mix, und ſprah alle Menſchen, die nah und nah zu mix kamen, Radziwill's, die Engländer, die Petersburger Golhens und Senfft, der aus Konſtantinopel gekommen wax. Kalkreuth reiſte ebenfalls zum Kaiſer ab; ih bat ihn flehentlih, ihm zu ſagen: nur um Gottes Willen jeht keinen Frieden zu ſchließen. Man ſpricht von einem Waffenſtillſtand, aber no< erſcheint es mir niht wahrſcheinlih. Zu Tiſch und zum Thee kamen die Prinzen, die Engländer und Leſtocq. Mein geliebter Wilſon kam an, er iſ ganz indignirt über Bennigſen und auh ex iſ vox Allem gegen den Frieden. Schladen geht zur Armee.

21. Juni.

Man lebt ſo weiter mit gepreßtem Herzen. Keine Nachricht; nux das Gerücht einer Waffenruhe, an der ih faſt niht mehr zweifle. Ohne Ende ziehen ruſſiſhe Tru pen hier dur<, und außer ihnen no< immer die