Neunundsechszig Jahre am Preussischen Hofe : aus den Erinnerungen der Oberhofmeisterin Sophie Marie Gräfin von Voss : mit einem Porträt in Stahlstich und einer Stammtafel

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Transporte der Kranken und Verwundeten, die in ihre Heimath zurü>gebraht werden. Ach, wenn nux jeßt nicht Frieden geſchloſſen wird in dieſem Augenbli> tiefſter Niederlage! Den Vormittag über war wieder die Königin bei mix, auh Prinzeß Wilhelm, die Radziwill’s, die Engländer und die Officiere der Garde du Corps. Es gehört viel dazu, dieſe Alle immer aufzurichten und zu ermuthigen. Auch die Prinzen Pleß und Hohenzollern waren heute bei mir. 22. Juni.

Der König ſchreibt an die Königin ganz troſtloſe Briefe. Dex Kaiſer iſt wüthend auf Bennigſen, aber nimmt ihm doch das Commando nicht. Man hat eine Waffenruhe angeboten, zur Sicherheit aber verlangt Napoleon : Graudenz, Colberg und Pillau. Gott allein weiß, was daraus werden ſoll. Kaiſer und König ſind an einen andern Ort gegangen, deſſen Namen ih niht weiß. Die Königin iſt unwohl, war aber doh den Vormittag bei mir. Zu Tiſch kamen Rüchel, die Prinzen, Praſchma, Kieſewetter, die ſchöne Lindenau und Herzog und Herzogin von Holſtein.

23. Juni.

Gräßliches Wetter, immerfort Regen und Sturm. Troß deſſen kam die Königin wie immer zu mix, und ih ging mit ihr dann wieder zu ihr hinüber. Bennigſen hat einen Waffenſtillſtand auf viex Wochen abgeſchloſſen; der Kaiſer hat ihn beſtätigt, die Königin und wix Alle ſind in Verzweiflung darüber! Welh ein Schmerz, — nun noch dieſer leßte Schlag! — Gott, barmherziger Gott, wirſt Du unſerem Elend dur dieſen Unmenſchen kein Ziel ſehen?