Neunundsechszig Jahre am Preussischen Hofe : aus den Erinnerungen der Oberhofmeisterin Sophie Marie Gräfin von Voss : mit einem Porträt in Stahlstich und einer Stammtafel

— 8304 —

die Zuſammenkunft am 26. Dieſer elende Napoleon hat den König mit geſuchter Gleichgültigkeit und Kälte behandelt, und ex ſchreibt ſehr aufgeregt und entrüſtet. Es waren zwei kleine Häus<hen auf dex Brücke über die Memel exrihtet, in dem einen waren die beiden Kaiſer, in dem andern der König. Welche Jnſolenz gegen ihn! Auch aßen die beiden Kaiſer dann zuſammen in Tilſit, unſer König mußte allein in einem Dorfe, eine Meile von der Stadt, bleiben. Welch entſehliche Friedensbedingungen werden wix bekommen nach einem Vorſpiel von ſo ausgeſuchter Feindſeligkeit und ſolchem Uebermuth. 29. Juni.

Die Königin iſ heute wohler. Der König hat bei Napoleon gegeſſen, wohnt aber no< immer in dem Dorfe Piktupönen. Er läßt Regimenter dorthin kommen, weil jeder der Souveräne eine Anzahl Truppen um ſi< haben ſoll. Die Königin hat jeden Mittag die Prinzen, Generäle und Fremden bei ſi, und i den Abend immer bei Radziwill's. 1 Sult,

Die Königin hatte zwei Briefe hintereinander vom König. Er ißt jeden Mittag mit dem Kaiſer bei Napoleon, der jeht etwas höflicher iſt, aber im Uebrigen iſ ex wenig zufrieden mit ihm. Man hat daran gedacht, ob die Königin niht gut thäte, hin zu gehen; aber ih hoffe, das wird nicht geſchehen! — Abends fuhr die Königin mit den Kindern und dem Gefolge nah der Fregatte, ih blieb allein zu Hauſe, was mir eine große Wohlthat war.

2. Juli.

Den ganzen Vormittag, wie immer, eine Unmaſſe Men-=