Neunundsechszig Jahre am Preussischen Hofe : aus den Erinnerungen der Oberhofmeisterin Sophie Marie Gräfin von Voss : mit einem Porträt in Stahlstich und einer Stammtafel

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ſchen bei mir; zuweilen macht mi<h das ſehr ſ{hwindli<h. Die Königin hatte Briefe, die niht eben tröſtlih waren. Die Vorſehung will uns ganz in den Staub legen! Nach Tiſch kamen Mameluken, Baſchkiren und Koſaken, die Platow ſchi>te, um daß die Königin ſie ſehen ſollte.

3. Juli.

Wir erhielten den Befehl des Königs, nah Tilſit zu fommen, und- das bereits morgen. Alle in wahrer Ver= zweiflung! — Die Tauenzin, ih und Buch follen mit.

4. Juli.

Um 8 Uhr früh ‘abgereiſt, das Herz voll Kummer. Auf der Hälfte des Weges nahmen wir etwas Bouillon, und trafen dort den Oberſt Podewills und Major Pirch. Mit den Relais erhielt die Königin einen Brief des Königs, dex ihr ſagte, daß er Hardenberg entlaſſen müſſe, weil Na-= poleon es peremptoriſ< verlange. Wie ſchändlich und ſhmachvoll iſt das allein ſhon! Endlich kamen wix in dem Dorfe Picktupönen an; wix wohnen ſehr gut bei dem Geiſtlichen des Orts; Oberſt Kleiſt empfing uns, auch Hardenberg kam gleih herbei, aber ex iſ ganz troſtlos. Der liebe Gott wird uns dennoch niht verlaſſen!! — Der König war in Tilſit, und kam erſt Abends 11 Uhr von dort zurü>; ex wohnt in einem anderen Häushen, ih ſah ihn niht mehr. Graf Golß übernimmt vorläufig die Geſchäfte Hardenbergs. Baum foll ankommen. Der Kaiſer Alexander benimmt ſih mehr als ſ<hwa<h; es iſ ein Schmerz, es zu ſagen.

5. Juli.

Die Königin war Gottlob ziemlih wohl. Das Häus-= hen des Königs liegt dem unſrigen grade gegenüber. Am Morgen kamen Bennigſen, Uwaroff und einige unſerer

Am Preußiſchen Hofe. 2. Aufl. 20