Neunundsechszig Jahre am Preussischen Hofe : aus den Erinnerungen der Oberhofmeisterin Sophie Marie Gräfin von Voss : mit einem Porträt in Stahlstich und einer Stammtafel

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giex und der Grauſamkeit, und hat nur den einen Durſt, Alles niederzuwerfen und zu unterjochen. —

Frau von Berg, Wittgenſtein und ih waren den Nachmittag über allein bei der Königin und ih blieb dann den Abend noch bis ſpät bei ihr.

1. April.

Von heute an hört der Tiſh der Offiziere bei uns auf; ih ging heute noh zu ihnen hinein, um Abſchied zu nehmen, es that mir weh. Leider werden von Tag zu Tag mehr Einſchränkungen im Königlichen Haushalte nothwendig; auh ih verzichte auf einen Theil meines Gehaltes; ach, es iſt ja niht anders möglich! — Jh ſchi>te dem König als poiss0n d'Avril ein Kiſten mit Liqueux-Flaſchen. Die jüngeren Hofdamen und die beiden kleinen Prinzeſſinnen verkleideten fich; dann kam Prinz Auguſt an. Der arme König iſt ſehx hypochonder und düſter, und das iſ wohl natürlich.

3. April.

Alle die armen Offiziere, die hier duxr<kommen, ſind jet auf halben Sold geſeßt und es giebt viele, die auh nicht das Allergeringſte von Sold mehr nehmen. Man weiß, daß manche dieſer treuen armen Offiziere Holz hauen, um ihr Brod zu verdienen, Andere bei den Bauern in der Wirthſhaft und auf dem Felde arbeiten, nux um leben zu fönnen; iſt das nicht ein grauſames hartes Geſchi>? —

1. Juni. Heute fuhr der Prinz Auguſt, um die Schlachtfelder von Preußiſch-Cylau und Friedland zu ſehen, — ah, dieſe Schlacht von Eylau wäre unſere Rettung geweſen, wenn der abſcheuliche falſche Bennigſen es nicht anders gewollt hätte.