Neunundsechszig Jahre am Preussischen Hofe : aus den Erinnerungen der Oberhofmeisterin Sophie Marie Gräfin von Voss : mit einem Porträt in Stahlstich und einer Stammtafel

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gegen und eskortiren beide Majeſtäten, die Königlichen Kin-= der und Generale empfangen ihn an den Stufen der Thüre.

18. September.

Der Großfürſt kam geſtern und reiſte ſchon heute weiter, der Kaiſer traf um 7 Uhr Abends ein. Alle Truppen, die wir hier no< haben, bilden Spalier, die Küraſſiere bilden die Esforte; der König ſelbſt, Prinz Heinrih und Prinz Auguſt ritten ihm entgegen, auh er kam zu Pferde. Gut und liebenswürdig wie immer, ganz dex Alte, aber ach, ſo ſ<hwa< und unentſchloſſen und ohne jede Energie! Beim Souper waren auch die Miniſter und Stackelberg; der Kaiſer war unendli<h gnädig und freundlih für Alle.

19. September.

Früh itt der Kaiſer mit dem König hinaus, um die Umgegend zu ſehen und die früheren Gefechtsterrains ; dann machte ex Beſuche bei allen Prinzen. Wix aßen um 3 Uhr; die erſten Damen, die Miniſter, die Generale, die Excellenzen und Jacobi am erſten Tiſch, alle Uebrigen an der Marſchalls= tafel. Der Kaiſer beſuchte mih und blieb lange bei mir; ih legte ihm alle unſere Leiden an's Herz und er ſagte wiederholt: „Glauben Sie mix, ih werde Alles thun, was ih fann.“ — Abends ritten die Majeſtäten hinaus nah dem Gartenhaus des Königs; ich hatte den Hof und die Herren des Kaiſers bei mir zum Thee und zum Souper.

20. September. Großes Diner an zwei Tafeln, aber heute keine Damen dabei, nux die Stackelberg. Der Kaiſer war vox Tiſch einen Augenbli> bei den Hofdamen geweſen; um 6 Uhr reiſte ex iveiter, die Majeſtäten begleiteten ihn bis Spandinen. Man

Am Preußiſchen Hofe. 2. Aufl. - 22