Neunundsechszig Jahre am Preussischen Hofe : aus den Erinnerungen der Oberhofmeisterin Sophie Marie Gräfin von Voss : mit einem Porträt in Stahlstich und einer Stammtafel

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ſehr viel Blut; das dauerte faſt 6 Stunden, dann legte man warme Schwämme, um das Blut fortrinnen zu laſſen und damit dauerte es den ganzen Tag. Man hatte mih nicht einmal in Kenntniß davon geſecßt oder mich dazu rufen laſſen, und die Weiſe wie man mich behandelt und mih von meiner Königin fern hält, iſ für mein Gefühl fur<htbar; Gott wolle nux geben, daß die Königin gerettet wird, ih will niht an mich denken. Abends ſchrieb ih an den König und des Morgens ſchi>te ih eine zweite Stafette ab, um die Reinbre<t fommen zu laſſen, da die ältere Kammerfrau krank geworden war. Es fand eine heftige Scene zwiſchen dem Arzt und dem Koch ſtatt; der Erſtere hat eine ſehr große Meinung von ſi< ſelbſt. 14. Juli.

Die Nacht war etwas beſſer: Frau von Berg kam an, war etwas bei dex Königin, erzählte ihx viel von Charlotten= burg, wo ſie eben wax und will au< bei ihr wachen. Jh ſah die geliebte Königin leider nux wenig, ſie iſt jeht nie mehr ganz ohne Fieber; der Arzt iſ wüthend über die unvernünftigen Einrichtungen, die im Krankenzimmer getroffen werden, ich kann nichts ändern — ah, es iſ ein ſchre>liher Zuſtand hiex und eine ſchre>lihe Angſt und Sorge, dies zu ſehen! — Jh ging erſt ſehr ſpät auf ein paax Stunden zur Ruhe, ach, ih habe ja keine Ruhe mehr!

15. Juli.

Sonntag. Jh ging natürlich nicht zur Kixche, die Berg hatte gewacht, die arme geliebte Königin wieder ſehr viel Fiebex gehabt, viel gehuſtet und wenig geſchlafen. Der Athem iſt jeht ſehr kuxz und der Huſten viel andauernder als früher. J< ſah die Königin heute öfters und etwas