Neunundsechszig Jahre am Preussischen Hofe : aus den Erinnerungen der Oberhofmeisterin Sophie Marie Gräfin von Voss : mit einem Porträt in Stahlstich und einer Stammtafel

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5. November.

Abends gegen 9 Uhr kam der geliebte König zu meiner allergrößten Freude. J< fand ihn ſehr wohl ausſehend und ſonſt ganz wie immer, nur ein bis<hen übler Laune, weil ex keine Nachrichten von dex Armee hatte! Ex kam direct von Breslau, ſoupirte mit dem ganzen Hof bei mix, und am meiſten freute mih<h der Prinz Wilhelm, der unglaublih gewachſen iſt, ſehr gut ausſieht und ſehr nett iſt! —

6, November.

Der König kam früh zu mix, blieb über zwei Stunden und ſpra<h mix von all ſeinen Angelegenheiten, auh von dem Gedanken einer ruſſiſchen Heirath für Prinzeß Charlotthen. Als er fort war, ließ ih den Hofprediger Sack kommen, der mir ſagte: da ſie noh nicht eingeſegnet ſei, fo könne ſie ſi<h no<h für die griechiſche Kirche entſcheiden und in dieſelbe eintreten, wenn ſic es wolle. Der König aß in Chaulottenburg. Abends ſoupirte ex mit den Prinzen und dem Hofſtaat bei mix und das Souper war ſehr heiter und animirt.

7. November.

, Mein geliebter König blieb früh eine Stunde lang gemüßlid bei mix ſißen; aber zu meinem Kummex aß er niht hier, ſondern fuhr zum Diner na< Charlottenburg, von dort aus Abends nah Potsdam und reiſt dann wieder zum Hauptquartier zurück, was augenbli>li< in Weimar iſt. Ex ſpra<h mix von Allem, und wie ſprach er davon! — a<h, mit einem Wort, ex iſt ein König, ein Vatex und ein Freund, wie es keinen zweiten auf dieſex Welt geben fann! —