Neunundsechszig Jahre am Preussischen Hofe : aus den Erinnerungen der Oberhofmeisterin Sophie Marie Gräfin von Voss : mit einem Porträt in Stahlstich und einer Stammtafel

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Zum Eſſen ging i< zur Prinzeſſin und blieb den Nachmittag allein mit ihr. Wix gingen zuſammen ſpazieren; ſie hatte die Gnade, mein kleines Karolinchen dazu abzuholen und behielt ſie eine Stunde bei ſi<h. Unter Anderem ſprachen wir auh von dem Charakter der Männer, und das Loblied, das ſie denſelben ſang, war niht ſ{<meic<helhaft. Ach, ſie iſt wirklich eine reizende, anbetungswürdige Frau, man kann ſie niht genug lieben! —

Abends tvaren wir bei der Königin, wo ein ſehr hübſches Concert ſtattfand. Es kamen gute Nachrichten; man ſagt, das Corps des Prinzen Xavier von Sachſen ſei geſchlagen worden.

21. Februar.

Abends an Hof, wo auh die Prinzeſſin war. Die Königin wax ganz auffallend kalt gegen ſie; Gott weiß, was ſie gegen die Arme aufgebracht haben mag, und das Souper war in Folge deſſen eben nicht erfreulich.

22. Februar.

J<h ging früh mit den Kindern zur Meyer, um ſie ihre Nollen wiederholen zu laſſen. Die Kleine ſoll die Liebe vorſtellen, welche dex Prinzeſſin das Bouquet überreicht, der fleine Junge einen Schäferknaben, der ihr das Buch giebt. Nachmittags ging i< noh einmal mit den Kindern zu den Hofdamen; die ganze Schauſpielertruppe verſammelte ſich und man hielt eine lezte Probe im Koſtüm auf der Bühne ab, die aber ſo ſ{<le<t ausfiel, daß ſi< wenig Gutes von der Aufführung erwarten ließ. Um ſehs Uhr ging Kraut zur Prinzeſſin hinunter und bat ſie, die Treppe herauf zu fommen, ohne ſie ahnen zu laſſen, um was es ſi< handle. Jn dem Moment, als ſie herauf kam, ging au< ſchon der