Rätearbeit und Nationalversammlungstragödien in Revolutionen : Den Arbeiter, Soldaten und Bauernräten Deutsch - österreichs gewidmet

SFSR

daß alles und jedes, was außerhalb der Mauern des Hauſes vor ih geht — Krieg, Nevolutionen, Eiſenbahnen, die Koloniſierung ganzer neuer Kontinente, kaliforniſche Goldfunde, zentralamerifaniſhe Kanäle, ruſſiſhe Heere, und was ſonſt noh einigen Anſpruch erheben kann, die Geſchi>e der Menſchheit zu beeinfluſſen — daß alles das nichts iſt im Vergleich zu den unermeßlichen Ereigniſſen, die im Schoße der wichtigen Frage ruhen, der, was immer ſie ſein mag, gerade in dem Moment die Aufmerkſamkeit des hohen Hauſes gehört.“ — Damit genug über die deutſche Nationalverſammlung vom Jahre 1848.

Wir kämen jeßt zur leßten ruſſiſ<hen Nationalverſammlung; doh von der iſt niht viel zu erzählen, da die böſen Bolſchewiki und ihre Proletarier ſie ſhon auseinandertrieben, bevor ſie noh zeigen konnte, was alles ſie n i < t zu leiſten imſtande iſt. Man kann alſo gar niht ermeſſen, was ſie alles vollbracht hätte; immerhin iſt aber auh ihr Schickſal kaum als ein Erfolg einer Nationalverſammlung zu buchen, obgleih auch ſie natürli< ſehr demofkratiſ< und vom „ganzen Volke“ gewählt war. Nun tagt in Weimar die deutſche Nationalverſammlung, die ſchon am Anfang vor den Proletariern von Berlin flüchten mußte, wie die öſterreichiſche Nationalverſammlung des Jahres 1848 doch erſt an ihrem Ende vor den Soldaten des Abſolutismus von Wien nah Kremſier. Was die Weimarer Verſammlung, die ſtark den Anſcein erive>t, als ob ſie den Spuren des Frankfurter Parlaments folgen wollte, leiſten wird und als Schifſal in ſih trägt, muß man erſt abwarten. Hoffnungsvoll iſt ihr Beginn nicht. Bishexr hat ſie nur beigetragen, den Bürgerkrieg zu entfachen und zu ſteigern, und die Menſchen - dürften niht ſehr zahlrei ſein, die heute no< er=warteten, daß \ ie die Aufgaben der Revolution löſen und die Befreiung des Proletariats aus ‘der kapitaliſtiſchen Knechtſchaft bringen fönnte. Nie haben Parlamente die großen revolutionären Umſtürze der Geſellſhaft vollzogen; immer waren es die unterdrü>ten Maſſen, wie ſhon Marat im Jahre 1792 in der franzotiſchen Revolution ſ{hrieb: „So iſt die Revolution nur d ur<die lebten Klaſſen der Geſellſ<haft gema<ht worden, dur die Arbeiter, Handwerker, Krämer, Bauern, dur< die Plebs, dur< die Unglücklichen, die der unverſchämte Reichtunt Fanaille nennt und die Frechheit der Römer Proletarier nannte. Aber was man ſi n i e hätte träumen laſſen, iſt die Tatſache, daß ſe nur zugunſten der Grundeigentümer, der Juriſten, der Helfershelfer des Nänkeſpieles gemaht worden iſt. — Das tlaſſenbewüßte Proletariat von heute, das Marx, Engels und Laſſalle und viele andere als Lehrer und weitſhauende Wegiveiſer hatte, wird wohl dafür ſorgen, daß es diesmal die Revolution niht für andere macht: es wird ſi<h mit einer bloßen demofratiſh2n' Nepublik n i < t zufrieden geben.

Wer in einer Revolution berufen iſt oder den Drang in ſi fühlt, am Aufbau der neuen Ordnung mitzuarbeiten, der wird alſo gut daran tun, weniger Parlamentsgeſchihte und gute Muſter= verfaſſungen, aber mehr Revolutionsgeſchichte zu ſtudieren; und es wird für ia ratſam ſein, fi bei ſeiner aufbauenden Arbeit nit auf die in Zeiten der Ruhe und Ordnung erprobten parlamentariſchen Metheden zu verlaſſen, ſondern die Aufgaben der Revolution mit den Methoden der Revolution zu löſen. Revolutionen ent-