Rätearbeit und Nationalversammlungstragödien in Revolutionen : Den Arbeiter, Soldaten und Bauernräten Deutsch - österreichs gewidmet

Er

da griffen neuerdings die Soldatenräte ein. Sie ließen als Antwort am nächſten Tage die Eingänge des Parlaments dur eine Abteilung unter dem Kommando des Oberſten Pride beſeßen und rund 40 Presbyterianern den Zutritt verſagen.*) Da das noh nicht genügend erſchien, ſeßten ſie die Methode am 7. Dezember fort, indem die Soldaten weitere 40 Mitglieder des Unterhauſes ausſ<loſſen und nur mehr Jndependenten (Unabhängige) und Republikaner zu den Sißungen zuließen. Dann funktionierte das Parlament, wie die Revolutionäre es wollten und brauchten: dem König wurde auf Verlangen des Volkes und der Soldaten der Prozeß gemacht, er wurde zum Tode verurteilt, und am 30. Fänner 1649 geföpft; am 6. Februar wurde das Haus der Lords aufgehoben, England zur Republik erklärt und die Revolution rollte weiter. Dieſe wenigen aus der engliſchen Revolutionsgeſchichte herausgeriſfenen Proben zeigen ſhon, daß ſelbſt ‘die engliſche Revolution und das engliſche Parlament mit den gewöhnlichen Mitteln der „Demokratie“ und des Parlamentarismus die Aufgaben der Revolution nicht löſen konnten.

Nicht im Parlament, ſondern draußen vom Volke werden in revolutionären Zeiten die großen hiſtoriſchen Entſcheidungen gefallt.

Die Nationalverſammlungen in der großen franzöſiſchen Revolution.

Noch deutlicher als die engliſche Revolution des 17. Jahrhunderts zeigt die große franzöſiſhe Revolution des 18. Jahrhunderts, wie Nationalverſammlungen in Revolutionen fläglich verſagen. Auch die franzöſiſche Revolution von 1789 war ein Kind des Sungers. Jm Jahre 1774 ſtarb Ludwig XV, und wie bei jedem Thronwechſel ließ auh hier die Autorität nach. Das Fahr “ hatte eine außerordentlich ſ{<le<te Ernte und es folgte ihm ein Sungerjahr. Von 1775 bis 1777 war ſhon eine ganze Reihe von HSungeraufſtänden. Bis zum Jahre 1783 wurden die Ausſtände geringer, feßten aber dann mit neuer Kraft ein und ſteigerten ſih im Jahre 1789 zur Revolution, als auch die Finanzen des Staates vor dem Zuſammenbru<h ſtanden. Am 8. Auguſt 1788 war Ludwig XVT. endlih gezwungen, die Generalſtaaten für den 1. Mati 1789 einzuberufen. Jn den Generalſtaaten, die die vereinigten Ständevertretungen der Provinzen waren, ſollten nach dem Geſeß der Adel, die Geiſtlichkeit und das Bürgertum je 300 Vertreter haben und die drei Stände ſollten getrennt abſtimmen. Die öffentliche Meinung forderte aber für den dritten Stand eine doppelt ſo ſtarke Vertretung und für die Generalſtaaten die Abſtimmung na<h Köpfen und niht na<h Ständen. Der König und

*) Pride war von Beruf Kärrner. Außer ihm bekleideten unter anderen der Fli>ſchuſter Hewſon, der Heizer Ofke y, der Fuhrmann Rainsborough und der Keſſelfliker Fox Oberſtenſtellen im neuen Parlamentsheer und befehligten Regimenter. Ausführlicheres über Dieſes.engliſche Volksheer und ſeine Soldatenräte — man nannte ſie au<h Aga 0/65 7 toren — findet man auch in A. Conradys „Geſchichte der RE EY [utionen vom niederländiſchen Aufſtand bis zum Vorabend der /tg Y ſiſchen Revolution“, beſonders im VI. und VII. Kapitel, Buchhandlung „Vorwärts“, Berlin.