Sadismus, Masochismus in Kultur und Erziehung

Sadismus, Masochismus in Kultur u. Erziehung. S

in 60 % ernste Krankheiten die psychische Tätigkeit beeinflußt haben und 40% an leichteren Krankheiten litten. Er führt als Stimula — Alkohol, Narkotika, Luxusmanie an. —

Wir wollen hier keineswegs Statistik treiben; wir wollten nur zeigen, zu welch verschiedenen Details in den Gründen die verschiedenen Statistiker kommen. Wir kommen in Summa hieraus zur Annahme, daß unsere aktuelle Kultur zu psychischer Degeneration führt. Den Grund dazu wollen wir tiefer suchen.

EEE

Unsere Überzeugung, welche wir hier begründen werden, läßt uns nach eingehender Prüfung unserer Epoche zum Schluß kommen: Die moderne Kultur muß als degenerativ angesehen werden, weil sie die Grenze des Ethischen gegenüber dem Utilitaristischen und Lustbringenden verloren hat. Das Gleichgewicht zwischen den ethischen Faktoren des Lebens und dem Drange nach Lust unter allen ihren oft unbegreiflich scheinenden Formen ist geschwunden. Wir befinden uns in einem vollständigen ‚„Desequilibre mental et psychique“. Wir wollen diese These an der Hauptidee der Herbartschen Philosophie zu beweisen suchen. Die Idee, welche in der Abgrenzung des relativen Wertes des Nützlichen und Angenehmen gegenüber dem absoluten Werte des Sittlichen besteht, ist unserer Kultur völlig abhanden gekommen. Der Prozeß dieses Verschwindens des ethischen Prinzips aus unserer Kulturphase können wir an der Hand von Herbarts fünf Grundideen, den fünf Ideen der wissenschaftlichen Ethik, tracieren.

Die erste dieser fünf Ideen ist bei Herbart die Idee der inneren Freiheit, durch die er den Ausdruck für dasjenige gefunden zu haben glaubt, was von jeher dem Menschen als Geistesfreiheit erstrebenswert schien. Sie ruht in dem Verhältnis, in dem der Wille zum sittlichen Urteil steht; sie kann zustande kommen, sobald zwischen unserem Willen und der über ihn ergehenden Beurteilung Einstimmung besteht. Wenn Wille und sittliches Urteil übereinstimmen, empfinden wir ein angenehmes Gefühl,