Zwölf Tage auf Montenegro : Heft 1. Reisebericht

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derzuſehen und entweder in der Nacht ſogleich, oder erſt über vierzehn Tage mit dem Dampfboote wieder heimzukehren. Für meine Reiſe nah Montenegro eröffneten ſich mir heute die {önſten Ausſichten, indem Herr Hofrath von Tſchefkin in Folge eines über jenes Land angeknüpften Geſpräches mir ſeine Mitwirkung zu. derſelben verſprach, ſo daß ih mit frohem Muthe der Ankunft in Cattaro entgegenſah.

Gegen Mittag paſſirten wir die Einfahrt in die Bocca *). Die Wogen des Adriatiſchen Meeres {wanden mehr und mehr und in Kurzem glitten wir auf einer ſpiegelebenen flaren Waſſerfläche dahin, die ſih, von den einſchließenden Bergen umringt, vor uns abwechſelnd bald weit eröffnete, bald enge verſchloß. Die Reize der Natur entfalteten von Caſtel nuovo ab ihr bezauberndes Schauſpiel, und die zierlichen Wohnungen der umliegenden Ortſchaften traten und ſ{wanden ſchnell an unſeren Blicken vorüber. Alle die freundlichen Erſcheinungen der Pflanzenwelt, welchen wir bis dahin auf unſerer Reiſe dur<h Dalmatien vereinzelt begegnet waren, hatten ſih hier zu einem Ganzen verbunden, und je tiefer wir in den Buſen eindrangen, deſto großartiger waren unſre Umgebungen , bis zuleßt, da wir endlih in gerader Richtung auf die Stadt losſteuerten. An den hohen ringsum einſchließenden Gebirgen, nah dem Grade ihres Vorkommens auf verſchiedenen Höhen amphitheatraliſch über einander gereiht, \proßte unterhalb die Dattelpalme aus immer grünen Hainen emporz auf die Region der Oel- und Feigenbäume folgten Weinberge, zwiſchen Kaſtanien und Wallnußbäumen, und dieſe gingen wiederum in Laub- und Nadelhölzer Über, bis zuleßt die grünen baumloſen Alpenwieſen in das unfruchtbare Kalkgeſtein ſih verloren, das oben noch ſtellenweiſe mit Schnee bede>t war, Das ganze Panorama ſpiegelte ſich in dem grünlich blauen Waſſerſpiegel ab. Namentlich gegen Oſten hin ſtiegen die Berge rieſig empor, um ſo großartiger, je enger die Bucht wurde und je näher wir an ihrem Fuße vorüberfuhren. Die Berge zur rehten Hand waren weniger wild und auf ihren lichtgrünen Matten weideten friedliche Heerden. Worte

*) Bocca di Cáttaro. Bocca ſoviel als Mündung, Eingangz aus dem JFtalieniſchen. DE