Albanien und die Albanesen : Landschafts- und Charakterbilder : mit vielen Abbildungen

T4

als Chrenpflicht betrachten, den Mörder ebenſo energiſch zu

| verfolgen, wie es die Familie des Ermordeten ſelbſt tut.

Es werden nicht nur die Häuſer der Schuldigen verbrannt, ſondern auh ſeine übrigen Güter vollſtändig zerſtört; die Mauern um ſeine Felder werden niedergeriſſen, die Bäume und Weinſtöke werden umgehauen und die Ae>ex werden unbrauchbar gemacht. Auf die gleiche Art wird ſeine Ver-

_wandtſchaft verfolgt. Der Grundbeſiß des Schuldigen aber

geht in den Beſitz der Familie des Ermordeten über und kann durch keine Befreiungsgebühr eingelöſt werden. Nie geben die Garanten ihre Zuſtimmung zu einer freiwilligen Verſöhnung der beiden feindlihen Familien; ohne dieſe Zuſtimmung aber darf eine Ausſöhnung nicht ſtattfinden. Jeder der Garanten iſt berechtigt, den Täter oder deſſen der Rache anheimgefallenen Verwandten zu töten.

Womöglich mit no< größerer Strenge und no< unverſöhnlicherer Erbitterung wird die Blutrache gegen den Mörder des unter Geleite ſtehenden Freundes ausgeübt, ſei dieſer in Begleitung eines Mannes. oder eines Weibes, eines Erwachſenen oder eines

; Knaben der ſhüßenden Familie ermordet worden. Selbſt © wenn der in Begleitung _eines-—Dritten befindlihe Er* ſ<hlagene ſeinem Totſchläger „Blut ſchuldig“ war, befreit

awforaro

dies den Mörder niht vor den Folgen ſeiner Tat. Denn

ſo lange ſih der von der Blutrache Verfolgte im Geleite

' eines Dritten oder im Hauſe eines Dritten befindet,

mußte die erſte Blutrache ruhen: über dem Geſetze

der Blutrache ſteht das Gebot der Gaſt

freundſ<haft und die Pflicht, den Gaſt des Dritten

zu achten und für unverleßlih zu halten. Die Familie des Gxeleitenden oder des Hausherrn, wo man zu Gaſte war,

| muß den Tod des „Freundes“ wie die Ermordung eines

À Gliedes der eigenen Familie rächen. Derjenige, dem der y Gaſtfreund ermordet wurde, tötet den Mörder oder jemand exe»