Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 1.

158 Auf dex Hochzeitêreiſe.

Ohne nachzudenken ſchrieb Graf Schoddyn lächelnd: „Hoch über der Menſchen Mißgunſt und Hader, Auf moosüberwucherter Felſenquadex, : Jm Anbli> der ſonnendurhleucteten See, Vergiß, Herz, der Sterblichen Leiden und Weh!“

„Eccolo, Signorina,“ und ex reichte Carla die Feder, „jeht find Sie an der Reihe. Machen Sie es beſſer als ih [4

Fräulein v. Doning warf einen raſchen Seitenbli> auf den Grafen, dann ſchrieb ſie nicder:

„Vergiß, Herz, der Sterblichen Weh und Leid Hier oben, in glü>licher Einſamkeit,

Vergiß, ob in Dix es jauchzt odex trauert,

Doch nimmex dex Schlange, die um Dich lauert!“

Graf Schoddyn ballte die Hand, er verſtand den ge= heimen Sinn der lebten Worte des feinen Verſes. Und no< ein Anderer verſtand ihn, Einex, deſſen offenes, treues Auge in tiefem Mitleid auf Carla ruhte, Baron De>ern trat an den Felſentiſch, zeichnete ſeinen Namen in das Buch und ſchrieb darunter :

„Vergiß nicht die Schlange im Gotteßsland,

Die ſeit Ewigkeiten ihr Opfer fand,

Doch fürchte nicht, daß ſie das Glüd> Dix raubt, Zextrittſl Du nux kraftvoll ihr geifernd Haupt!“

Schoddyn zu>te zuſammen ; ex hatte über die Sul ter Deckern’s herüber geleſen, was dieſer auf das Papier geworfen. Sein Geſicht verzerrte ſich, wenn auch nux für einen Augenbli>, dann wandte er ſih mit leichter Ver= beugung zurü> zu den Uebrigen.