Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 1.

Novelle von Fedor v. Zobeltiß. IUT

Reich mix die Hand, mein Junge — ſo — und nun höre mix zu: Caxla v. Doning hat Dich nicht geliebt, wie Du meinſt —“

„Alfred !“

„JO ſpreche mit vollkommener Beſonnenheit, und ih ſ<wöre Dir bei Allem, was mix heilig iſt, daß ich die nace Wahrheit rede. Carla konnte Dich nicht gelieht haben — Du in Deiner ſ{<hwärmenden Leidenſchaft ver= mochteſt das niht zu fühlen, wohl aber ih, der ih die ganze Angelegenheit mit kühlem, ruhigem Blicke betrachtete, unbeeinflußt vom eigenen Herzen. Ein Weib, das mi<h wirklich liebt, iſt niht fähig, heimtückiſchen Einflüſterungen zu glauben, ih habe das geſtern, bei jener unſeligen Gondel= fahrt, freimüthig Carla geſagt, und ſie hat mir geſtanden, daß 1< Recht hätte. Sie hat mix geſtanden, daß ſie Dir bis zu jenem verhängnißvollen Augenbli> in aufrichtigerFreundſchaft zugethan geweſen und daß ſie Dir auch ihre Hand gereicht haben würde, weil — weil Du ein Ehren= mann, nicht weil ſie Dich liebte !“

Die Bläſſe im Aniliy Plettow’s war plößlih glühen= der Röthe gewichen.

„Alfred,“ rief er und preßte die Hand des Freundes, „Du ſprichſt die Wahrheit, denn Du haſt nie gelogen! Du verwundeſt mi<h tief und Du erlöſeſt mi zu gleicher Zeit! Zwar haben ſchon die leßten Enthüllungen Schoddyn's mi<h ſ{<wankend gemacht in dem feſten Glauben, daß Carla mix wirflih ſo hingebend zugethan geweſen, ivie i< es vermeinte; qualvoll blieb mir aber immer dex Gedanke, in fur<{tfamer, wenn au<h no< ſo natürlicher

Bibliothek. Fahrg. 1884, Bd. IT. 12