Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 4.

Hiſtoriſche Novelle von Hanns v. Spielberg. 165

der Dänenſpeer-hatte nur zu gut getroffen, es fonnte ih allein no< darum handeln, einem Sterbenden die lebten Tage, die lezten Stunden zu erleichtern. Febt exſt rief er ſeine Tochter an das Lager des Komthurs, theilte ihr den trau= rigen Befund mit und bat fie, die Pflege des Todwunden zu übernehmen. Vor dem Ernſt des Todes durfte wohl die ſtarre Ordensregel fi< beugen, wozu alſo dem Scheidenden die ſanfte Frauenhand und den Anbli> eines Frauenantlißes verſagen?

Der Komthur war aus ſeiner tiefen Ohnmacht noh niht erwacht, regungslos lag die hohe Geſtalt auf den Pfühlen und Kiſſen, die Hadwig mit ſorgender Hand ge= ordnet. Die Stunden verrannen, nux ab und zu trat der Vater oder der Prieſter herein, um nach dem Veripunde= ten zu ſehen und einige Worte mit der Pflegerin zu weh= ſeln. Es war tiefe Stille: die beiden Knechte, die im Vorgemach wachten, wagten kaum leiſe zu flüſtern, vom Hofe her vernahm man nux den Stundenruf der Poſten, au< der Feind verhielt ſi ruhig.

Hadwig's Gedanken ſ{<weiften vom Lager des Kranken hinüber in die Ferne, und im Fluge der Phantaſie ſtiegen vor ihr die Bilder vergangener Zeit empor; wieder ſah ſte ſich unter dem wilden Haufen der heidniſchen Preußen und hörte des ungliü>lihen Mannes, der hier vor ihr lag, helltönende Kommandoſtimme; dann wieder fland jener Geſchle<tertanz im Stadthauſe zu Elbing vor ihrem Auge, ſie ſ<webte mit ihm, dem Stattlichſten unter Allen, im heiteren Reigen, ſie vernahm ſein beglüendes Geſtändniß, fie erlebte mit ihm wie im Traume no< einmal die