Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 5.

Roman von Adolph Stre>ffuß. 97

tief erſchüttern wird, wenn i<h Jhnen das fürchterliche Schi>ſal ſchildern muß, welches, furz nachdem Sie Schloß Oſternau verlaſſen haben, über dieſes hereingebrochen iſt.“

„Sie ſpannen mi<h auf die Folter!“ rief Egon ex= bleichend. „Was iſt geſchehen? Sprechen Sie! Das Schlimmſte iſt leichter zu ertragen, als die bange Furcht, welche Jhre Worte in mix gewe>t haben. Lebt Herr v. Ofternau nicht mehr?

„Ex ruht ſchon ſeit faſt vier Jahren im Erbbegräbniß des Oſternauer Friedhofs. Es iſt eine lange traurige Ge= ſchichte, die ih Jhnen zu erzählen habe, Herr v. Ernau. Sie werden Jhrer ganzen Kraft bedürfen, um ſie zu hören, ſtoft mix doch oft das Blut in den Adern, wenn ih zu= rücfdenfe an jene entſeßlichen Ereigniſſe. Werden Sie heute ſtark genug dazu ſein?“

„F< werde es ſein, weil i< es ſein will! Sprechen Sie ohne Vorrede. J< bin auf das Schlimmſte gefaßt.“

Storting ſchüttelte ungläubig den Kopf, aber er ließ ſich nit länger nöthigen, er erzählte:

„În der Nacht vom 18. zum 19. November geſchah es. JO wax am 18. im Auſtrage des Herrn v. Ofternau in Breslau geweſen, um für 1hn ein Kapital bei ſeinem Bankier zu erheben, ſe<zigtauſend Thaler baares Geld in großen Banknoten, die am 19. fällige Anzahlung für die von dem Herrn gefaufſten Güter Wernewiß und Ruders= dorf. JO var ermüdet und dur<froren von der Reiſe an dem falten häßlichen Novembertage, als ih mich daher Abends in das warme, weiche Bett legte, {lummerte ih ſ<nell ein und ſ{<lief wohl feſter, als i< ſonſt geſchlafen

Bibliothek. Jahrg. 1884. Bd. Y, 7