Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 5.

104 “Klippen des Glü>s.

Wenn überhaupt no<h Rettung möglich war, dann war es die höchſte Zeit. Durch eine der Thüren in das Shloß einzudringen, wäre nußlos geweſen, denn die Treppen brannten und die Korridore auh des Seitenflügels waren ficher ſchon ſo von Qualm erfüllt, daß es ſelbſt dem Muthigz ſten niht gelingen konnte, durch dieſelben bis zu den Zimmern der in ſo grauenhafter Gefahr Schwebenden vor= zudringen, das war mir im Augenbli> flar.

„Holt die Leitern vom Sprißenhaus her!“ rief ih den Leuten zu; ſie verſtanden meine Abſicht, ehe ih ſie auê= geſprochen hatte. Dienſtbereitwillig ſtürmten ſie nah dem Sprißenhauſe, ein paar Dußend Hände faßten kräftig an, im Sturmſchritt wurden die ſ<hweren Leitern herbeigeſ{hlepþt und ehe noch eine Minute vergangen war, ſtanden ſie ſchon angelehnt an die S<hloßmauer unter den Fenſtern der Zimmer, in welchen Lieschen und Fribchen ſ<hliefen. Jh wollte ſelbſt die Leiter emporklimmen, aber zwei tüchtige Burſche aus dem Dorf waren mir zuvorgekommen, ſie waren ſchon oben auf den beiden Leitern, ehe ih noh an deren Fuß angekommen war, mit kräftigen Schlägen zerſ<metter= ten ſie die Fenſter in demſelben Augenbli>, als an einem derſelben Fräulein Lieëchen und Fribchen, die-endli<h durch den Lärm aus ihrem tiefen Schlaf erwe>t worden waren, erſchienen.

Ein donnernder Jubelxuf erhob ſi< unter den mit athemloſer Spannung zuſchauenden Leuten, als mit ruhiger Beſonnenheit Fräulein Lieschen das Fenſter von innen weit öffnete, als ſie ihren kleinen Bruder emporhob und ihn aus dem Fenſter heraus in die Arme des Retters legte,