Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 5.

26 Klippen des Glüs.

„Sie brauchen nicht ſo verlegen zu werden, Fräulein v. Oſternau,“ fiel Wangen lachend ein, „Sie können ruhig fragen , iſt dies derſelbe Herr v. Ernau, der vor viex Jahren ſo grenzenlos thöriht war, ſi<h vor der Verlobung mit der reizendſten Braut zu flüchten, der damals todt geſagt wurde, wieder auferſtanden und dann wieder in alle Welt gegangen iſt? Jh bin ihm für ſeine tollen Streiche viel zu dankbar, und ih dente, mein Frauchen auch, als daß uns eine Erinnerung an ihn unangenehm ſein könnte, ih bin ſogar ganz ordentlich neugierig darauf, ihn kennen zu lernen.“

„Ex wohnt hier in der Nachbarſchaft?“ fragte Eliſe, welche die tiefe Erregung, mit welcher ſie auf eine Ant= wort wartete, faum zu verbergen vermochte.

„Sein Hauptgut Plagniß liegt kaum zwei Meilen von Linau, bis jeßt aber wohnt er no< niht dort. Wo er fich aufhält, weiß kein Menſch. Alle Rechenſchaftsberichte, Gelder und Briefe von Plagniß werden na< Berlin an das Comptoir des Geheimraths v. Ernau, ſeines Vaters, geſchi>t. Herr v. Ernau ſelbſt hat ſich bis jezt um die Bewirthſchaftung ſeiner Güter nux wenig bekümmert, ivenn nicht auf ſeine Veranlaſſung von dem Comptoir în Berlin die vor einigen Jahren geſtellte Forderung ſehr eingehender und ausführlicher Rechenſchaftsberichte erfolgt iſt. Nux zweimal iſt ex, wie mix der alte Adminiſtrator Sieveking erzählt hat, überhaupt in Plagniß geweſen, das [ete Mal vor etwa vier Jahren. Damals Hat er das ganze Gut und ſämmtliche Vorwerke genau beſichtigt, ſich nah allen Kleinigkeiten der Bewirthſchaſtung erkundigt,