Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 6.

Roman von Adolph Strecfuß. 71

niht Ernau geſtern merkwürdig ſtill und offenbar geiſtig erregt geweſen nach der langen Unterhaltung, die: er mit Bertha allein geführt hatte? Wangen machte ſich Vorwürſe darüber, daß er geſtern Ernau und Bertha allein gelaſſen hatte. Die Saat, welche Albrecht ausgeſtreut hatte, wucherte ſchon üppig empor, ſie hatte im Herzen Wangen's tiefe Wurzeln geſchlagen. Ex grübelte darüber nah, wel= <en Grund Bertha wohl gehabt haben möge, als ſie ihm verboten hatte, Ernau mitzutheilen, daß Lieschen v. Oſternau fich in Linau aufhalte. Wollte ſie wirkli<h für Klara ſorgen? Nein, dies wax eine Lüge! Für ſi ſelbſt fürchtete ſie, ſie war eiferſüchtig auf Lieschen, deshalb mußte dieſe jeßt Linau verlaſſen, deshalb ſollte Ernau nichts von ihr exfahren, ſo lange fie no< in Linau ſei. Wangen fühlte eine brennende Luſt, Bertha/3 Abſichten zu vereiteln, dem Herrn v. Ernau mitzutheilen, daß Lieschen in Linau ſei, aber ſpäteſtens ams Sonntag zu ihrer Mutter reiſen werde. Hätte er nur nicht ſein Wort gegeben! So weit, einem Verſprechen untreu zu werden, war er do<h no<h nicht gefommen, aber ex hoffte auf Albrecht, der hatte nichts verſprochen. Albrecht konnte ja nicht einmal wiſſen; daß Bertha Lieschens Aufenthalt in Linau zu verheim= lichen wünſche. Darüber, wie Albre<ht wohl in nicht auffälliger Weiſe veranlaßt werden fönne, von Lieschen zu erzählen und ihren Aufenthalt zu verrathen, ſann Wangen nah, während ex träumend ſih in die Kiſſen des Wagens zurü>lehnte. Er machte ſich einen förmlichen Feldzugsplan, wie ex in Plagniß das Geſpräch wenden und drehen wollte, darüber verging ihm ſ{<nell die Zeit,