Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 6.

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Roman von Adolph Stre>fuß. 81

ſo reichen, geiſtvollen, liebenswürdigen, genialen Mannes, wie Herr v. Exnau, zu werden, laſſe ſich gar nicht denken. Ber= tha’s dunkle Augen leuchteten in einem verzehrenden Feuer, als ſie mit überſhwenglichen Worten die Vorzüge Ernau's, das Glüd, ſeine Gattin zu werden, ſchilderte, und jedes dieſer Worte ſachte die Eiferſucht Wangen's von Neuem zu liter Gluth an. Je ſtiller er wurde, je mehr ſi<h jeine Stimmung verdüſterte, je eifriger wurde Bertha in ihren begeiſterten Lobreden auf Ernau, ſo eifrig, daß ſelbſt der Vetter Albrecht ihr ſcherzend mit dem Finger drohte und ſie ne>end vor dem gefährlichen Herrn v. Exnau warnte. Sie ſtußte einen Moment, ſchien verlegen, lachte aber dann über ſolchen thörichten Scherz und fuhr fort, alle die Vortheile aufzuzählen, die aus der näheren Vexr= bindung ihrer Familie mit dem Herrn vy. Ernau erſprießen müßten. Sie ſchilderte mit ſchwarzen Farben die -Troſt= loſigkeit ihres bisherigen einſamen Lebens, die Lang= iveiligfeit eines Umganges, der ſi<h auf wenige geiſtloſe Landjunker mit ihren noch geiſtloſeren Frauen und Töch= tern beſchränke — wie ganz anders, wie geiſterfriſchend werde dagegen der geſellige Verkehr in Linau ſein, wenn Herr v. Ernau der Mittelpunkt deſſelben werde. Wangen fonnte es niht mehr ertragen. Ex ſprang auf und eilte na<h dem Garten, um auf einem einſamen Spaziergange ſich jedes Wort, welches ex gehört und wel= ches ſich tief in ſein Gedähhtniß eingeprägt hatte, zu wie= derholen, und jedes dieſer überſchwenglichen Worte war ihm ein Beweis dafür, daß Bertha Ernau liebe, daß ſie nur für ſi, nicht für Klara, den glühenden Wunſch Bibliothek, - Jahrg. 1884, Bd. VL. 6