Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 7.

78 : Unſichtbare Hände.

zärtlich flüſternd die Antwort zurü>. Dabei beugte ſi< die ſhwarze Geſtalt zur Seite über die Kiſſen hinüber.

„Bitte, Lux, bffne die Gardine ein wenig, laſſe nur einen Schimmer des Tageslichtes in das Zimmer ein. Die Sonne muß warm und hell draußen ſcheinen, ih fühle es, o, und ih ſehne mih- ſo nah Sonne und Licht!“

Lucia war bereits aufgeſtanden und leiſe zum Fenſter geſhlüpft. Sie ſchob die Portièren aus ſchwerem tiür= tiſchen Stoff ausßeinander und drehte das Rouleau eine Kleinigkeit empor. Sofort fluthete eine blendende Welle ſonnigen Glanzes in das Kabinet und verbreitete freund= liche Dämmerung in demſelben. Und als wolle die Sonne ſich dankbar beweiſen gegen die kleine Hand, die thr den Eintritt geſtattet, fiel ihr erſter Strahlenſhimmer voll auf die jugendliche Mädchengeſtalt, die jeßt {hnell vom Fenſter zurü>trat, um ſich wieder am Krankenbett niederzulaſſen. Züchtig und ernſt in ihrem hochgeſchloſſenen dunkeln Kleider, erſchien ſie doh wie eine Elfe, beſtimm1, Noſen zu weden, wo Dornen ſich zeigten.

Liebevoll ſtrich ſie mit der Rechten das Kopfkiſſen glatt, von dem ein leichenblaſſes, graubärtiges Männerantliß fich in ſ{<wachen Umriſſen abhob. Dann ergriff ſie die magere blutloſe Hand, die nervös zitternd auf der Oberde>e ruhte, und führte ſie ſanft an ihre Lippen.

„Wie geht es Dix, Herzenspapachen? Fühlſt Du Dich ein wenig wohler nah der Medicin? Du haſt lange ge= ſ{<lummert, vier Stunden oder darüber; das iſt ſeit Dienſtag niht vorgekommen; hoffentlih hat Dir der Schlaf Erqui>ung gebracht.“