Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 7.

Roman von F. v. Zobeltiß. 85

Zählung entſinne, liegt fein Grund zu irgend welchen Be-= fürhtungen vor.“

„Doch, do, Menken,“ fiel dex Kranke lebhaft ein, und eine höhere Nöthe färbte ſein eingefallenes Antliß. „Wir haben ſeit jenem Tage im Lazareth niht mehr über die Angelegenheit geſprochen, und ſie iſt anders geworden ſeit Jahresfriſt — leider, leider!“ Der Oberſt ſeufzte auf, es flang wie ein leiſes Röcheln aus todeswunder Bruſt. Einige Sekunden lang ſ<hwieg er, als ſei er zu erſchöpft, weiter zu ſprechen, dann fuhr ex ſchneller fort: „Carmella Boccani lebt niht mehr; der Brief, der mir dieſe Hiobs= poſt brachte, war der Beginn einer Schlinge, die man mix um den Hals legen und langſam zuziehen will. Carmella hat niht Wort gehalten, ſie hat ſi vor ihrem Tode ihrem Sohne, einem verkommenen Subjekte, anvertraut. Ahnſt Du die Konſequenzen, Menken ?“

Der Baron ni>te, ſeine Stirne war gefurcht, ex ſah ſehr ernſt aus.

„Der Burſche ſucht Dich zu plündern und dur< Drohun= gen zu ſ{hre>en — ih verſtehe wohl,“ entgegnete er. „Haſt Du ihm je geantwortet auf ſeine Briefe ?“ i:

„Erſt als ſeine Anforderungen zu unverſchämt wurden erſt dann! J<h theilte ihm mit, daß ih fernerhin nicht getvillt ſei, ihm Gehör zu geben, daß i< ſeine Drohungen überhaupt nux als die tollen Fdeen eines Wahnſinnigen betrachtete.“

„Das war unvorſichtig, Karl,“ bemerkte dex Baron, „ih meine, Du hätteſt beſſer gethan, gänzlich zu ſhweigen. Du haſt Carmella ſeiner Zeit auf eine höchſt anſtändige