Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 1.

56 Der Tali2man des Weibes.

Behauptung von Jrma's Lippen augenbli>lih ſo unan= genehm berithrte. Jedenfalls hielt ex es für ebenſo taftſos von ihr, ſeine Entſchlüſſe hier förmlich vor die Shranken zu fordern, als einen ehelichen Zwiſt vor Fremden zur Sprache zu bringen. Er wehrte deëhalb jede Diskuſſion ab, indem er Jrma erſuchte, die Tafel aufzuheben.

Gleich darauf zog er ſi<h mit dem Juſtizrath behufs Beſprechung einer dienſtlichen Angelegenheit in ſein Arbeits= zimmer zuriü>, während Graf Freiberg der jungen Frau in den Salon folgte.

„Verzeihen Sie, wenn ih mi< inzwiſchen einmal draußen nah dem Kaffee umſchaue ,“ ſagte Jrma.

„Und ih bitte dagegen, in dieſem Gema<h Umſchau halten zu dürfen !“

Sie ni>te ſreundli<h und eilte hinaus.

Graf Freiberg befand ſich allein in dem erleuchteten, bfumendurchdufteten Naum, welchen Jrma zu einem Tempel traulicher Behaglichkeit umgeſchaffen Hatte. Freiberg!s Sinne waren erregt, als ex das Gemach betrat, er fühlte die trauliche Stille wohlthätig auf ſein Nervenſyſtem ein= wirken. Nicht Dreyſing's leichtlebige Weiéheit, nicht Jrma's reſervirtes Urtheil hatten ihn entfernt ſo gereizt, als Mei-= ſhi>s unantaſtbare Behauptungen. Der Mann war ihm na< und nah immer unſympathiſcher geworden, je mehr er bemerkte, daß die junge Frau gegen dieſe ſtoiſchen Grundſäße ſi<h verhielt wie der ungläubige Schüler zu einem pedantiſchen Lehrmeiſter. Aber wenn ſie nicht daran glaubte, wie durfte ex ſih dann erdreiſten, dieſelben in