Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 12.

144 Das Herzblättchen.

Freunde erworben und ſie wurde von allen Seiten um= ſ<wärmt. Jhr Vater durfte ſih unmöglich ſänger mit dem Tiſchlergewerbe befaſſen. Jhre ältere Schweſter Eliſa= beth war ſchon ſeit mehreren Jahren verheirathet, und jelbſt wenn ſie no< zu Hauſe geweſen iväre, ſo hätte ſie doch gegenüber dem „Herzblätt<hen“ einen verſchwindend geringen Einfluß auf den Vater ausgeübt. So hatte Helene denn freies Spiel, und es gelang ihr nur zu bald, den ihr gegenüber allezeit willfährigen Vater davon zu überzeugen, daß es ſi für ihn niht länger paſſe, hinter der Hobelbank zu ſtehen, er vielmehr ſeiner Tochtex zu Liebe als Rentner [eben müſſe. Die Arbeit war dem Meiſter zur zweiten Natur geworden, aber den ſ{<mei<leriſhen Bitten ſeines verzogenen Goldtöchterhens vermochte er niht zu widerſtehen, und das Endreſultat war, daß ex ſich wirklich zur Ruhe ſeßte.

Dex Himmel hatte ſeinen redlichen Fleiß geſegnet, und im Laufe der in angeſtrengteſter Arbeit verbrachten Jahre war es dem waeren Meiſter Müller gelungen, ein ſtatt= liches Kapital auf die Seite zu bringen. Ex mochte wohl nahezu achtzigtauſend Mark beſißen, das bedeutet viel für einen Kleinmeiſter, aber es war und iſt eine lächerlich fleine Summe für diejenigen Kreiſe, welche die Arbeit nux vom Hörenſagen fennen.

Meiſter Müller baute ſich die ſhmud>te kleine Schweizer= villa und vermiethete die überflüſſigen Zimmer des Som-= mers an Badegäſte. Die Sache machte ſih dem Anſchein na< auch re<t gut, und Eliſabeths Gatte, welcher ein Kommiſſionsgeſchäft in der Stadt betrieb, gab ſi redlichz

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