Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 12.

Novelle von G. Höfer. 145

Mühe, dem Landhauſe ſeines Schwiegervaters water zahz ſende Kurgäſle während der Sommermonate zuzuführen, was ihm au<h in der Regel gelang.

So hatte Meiſter Leberecht Müllex denn Alles, was fein Herz nux irgendwie wünfchen konnte, und doh filhlte er ſich niht re<t zufrieden dabei. Ex wax eben von Jugend auf ein arbeitſames Leben gewöhnt und die beſchau= liche Ruhe, in welcher ex jeßt ſeine Tage verbringen durfte, bekam ihm nicht gut. Ex fkränkelte ab und zu ein wenig, und ſeinen Scheitel belaſtete in Bälde der winterliche Schnee des Alters , dazu wax ſeine Helene nun doch ſchon an die zwanzig Jahre geworden, und ſo liebreizend ſie auch ſonſt var, hatte ſich bisher doh no< kein Freier für ſie geſun= den. Die ſ{hlichten Handwerksleute fühlten ſih in der Gegenwart des ſ<hönen Mädchens bedrü>t und wagten es nimmermehr, um ſie anzuhalten, was freilich auch ein vergebliches Bemühen geblieben wäre. Mit den vornehmen Freiern aber hatte der ehrliche S<hloſſermeiſter Knour bis= lang Recht behalten; ſie umſchwärmten das liebreizende Mädchen, ſie erklärten daſſelbe für die erſte Schönheit der Stadt, aber es fand ſi kein treuliebendes Herz, welches der leidigen Vorurtheile vergeſſen und um die Hand des Mädchens angehalten hätte.

Meiſter Knorr fam faſt täglich um die Abendzeit, ſeinen alten Freund zu beſuchen, und ex ſah wohl die aufkeimenden Sorgenfalten auf deſſen Stirn. Er war eine ehrliche Haut, abex vom Troſtzuſprechen verſtand ex das Wenigſte.

„Jh weiß wohl, was Dich drückt,“ fuhr ex oft derb heraus, „aber das haſt Du von Deiner verwünſchten Hochz

Bibliothek. Jahrg, 1886. Bd, XIT. 10