Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 12.

168 Das Herzblättehen.

Ihr plößlicher Tod hatte aber allen weiteren Berechnungen und Hoffnungen eine unüberwindliche Schranke entgegengeſeßt.

Zn weiteren Briefen deutete die junge Frau an, daß ihr Gatte wohl um die Herausgabe des Vermögens gegen ſeine halsſtarrigen Verwandten werde prozeſſiren müſſen. Der Brief zu Weihnachten brachte nun den vollen Sachverhalt. Danach- ſtand es feſt, daß nux ein ſehx lang= ivieriger Prozeß Myloſcz zu ſeinem Rechte verhelfen konnte. Dex RNechisanwalt, welchen ihr Gatte angenommen hatte, meinte von vornherein, daß die Sache vicl Geld foſten werde Und — das war das Schlimmſte — der Baron hatte fein eigenes Vermögen, ſondern nux die Gunſt der ver-= ſtorbenen alten Tante hatte ihm die Mittel zum Lebensunterhalte gewährt.

Meiſter Müller ging wie ein Träumex umher, denn die Laſt dex erhaltenen Nachricht lag ſ<wer auf ſeinen Schultern. Helene ſchrieb es nicht, aber der zärtliche Vater fonnte es ſi< ausmalen, in wel<? beſchränkten Verhält= niſſen ſich ſein Herzblättchen mit dem Baxon nun befand. Bisher hatte ihn die Zuverſicht no< getragen, daß ſeine Helene glänzend verſorgt ſei, Nun wax aber auch dieſer Troſt dahin, und der Meiſter mußte unwillkürlich an die warnenden Worte ſeines Freundes, des Schloſſermeiſters, denken. Es war für ihn ein ſ<re>licher Gedanke, daß Knorr am Ende Recht behalten ſollte.

Rath mußte auf jeden Fall geſchafft werden. Helene ging ihn nicht direkt um Hilfe an, aber es lag auf dex Hand, daß ſie auf die Dauer ohne eine ſolche nicht exiſtixen fonnte. Jn ſeiner Herzensnoth ging Meiſter Müller zu

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