Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 12.

Novelle vou G. Höer. 167

weſen und auch Kuoux hatte ſih halb und halb von iur zurüctgezogen. EL grollte doh dem Freunde wegen DeL Heirath, welche nah ſeiner Anſicht Helenens Unglück herauf beſchwören müßte.

Als die Weihnachszeit Hexan gekommen war, und die Kerzen auf den Bäumen und die Freude in den Herzen entzündete, da war es Meiſter Müller noh trauriger und trübſeliger zu Muthe als je zuvor. Ex hatte von Helene keine gute Nachricht bekommen. Zu Anfang freilich waren ihre Briefe der hellſten Freude voll geweſen. Sie hatte viel von den Reiſen berichtet, welche ſie mit dem Gatten zuſammen gemacht. Weniger hatte ſie von dem Leßteren geſchrieben. Meiſter Müller war zu viel Menſchenkenuex, als daß er niht ſofortï eingeſehen hätte, daß Myloſcz kein hervorragend männlicher Charakter war, aber er war Baron, und das de>te ja wieder eine Menge ven Unvollkommen= heiten zu. Später Hatte dann Helene allerdings in nur verſte>ter Weiſe angedeutet, daß die Verwandten des Barons von deſſen Heirath mit einem deutſchen Bürgermädchen nicht ſehr erbaut waren. Nux die vorurtheilsfreie Tanke war ihnen herzlich entgegen gekommen, aber unvermuthet raſh geſtorben, ohne daß ihr ſchon vox Jahren gemachtes Teſtament abgeändert worden war. Nun aber war die Tradition innerhalb der Myloſcz"ſchen Familie eine unz gemein ſtrenge. Das Eingehen einer niht ſtandesgemäßen Heirath zog die Enterbung nach ſich. Das hatte Heleneus Gemahl wohl gewußt, aber auf die Güte und Nachſicht der Tante vertraut, welche au< von dem Stand dex Dinge no<h vor der Hochzeit in Kenntniß geſeßt worden war.