Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 12.

210 Unter hohen Breiten.

Eisland, genannt. Vald nah der Entdeckung ſiedelte von Skandinavien aus eine Anzahl reicher, mit den heimath= lichen Verhältniſſen unzufriedener Norweger nach dem Eiland über und exrrichtete hier einen Freiſtaat, der ſi<h über= raſchend ſ{<nell zu einer hohen Blüthe entwi>elte. Erſt um das Jahr 1000 zum Chriſtenthum übergetreten, blieb Jéland, während ganz Europa von wilden Fehden zerfleiſht wurde, in ſeiner nordiſchen Abgeſchiedenheit eine Stätte des Friedens, die der freien Entfaltung der Wiſſen= ſchaſten ſehr günſtig war, und in der That entſtand auf dieſer Inſel zu einer Zeit, wo no< auf dem europäiſchen Kontinent die ärgſte mittelalterliche Barbarei herrſchte, eine eigene Literatur. Jsländiſche Archäologen ſammelten die Sagen der nordiſchen Götterlehre, isländiſche Diploz maten führten die Verhandlungen der ſfandinaviſchen Höfe, und das exſte hiſtoriſche Werk, welches überhaupt von cinem Nordeuropäer verfaßt wurde, iſt die berühmte Heimsfringla des Jéländers Snorri Stuxluſon, eine Geſchichte uorwegiſcher Könige, welche bis zum Jahre 1150 reicht.

Im Jahre 876 entde>te der Jsländex Gunbiörn ein Land im Weſten, das er ſeiner grünen Küſte halber Grön= ſand (Grünland) nannte, und um das Jahr 1000 anker= len isländiſhe und grönländiſche Seefahrer, Bjarme und Leif, zum exſten Male an dem Geſtade des Feſtlandes von Nordamerika, Ob damals eine Kunde von dieſer Entdedung den europäiſhen Kontinent erreicht hat, vermag heute Niemand mehr feſtzuſtellen. Sicher iſt nux, daß jene Reiſen der Normannen na< dem „Vinland“ für die Menſchz heit veſultatlos geblieben ſind.

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