Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 12.

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Hiſtoriſcher Roman von L. Haidheim. 99

ſtolzen Glücfeslächeln, welches ihr aus der tiefſten Seele empordrang.

Es war Jſa v. Tietenau, reih und faſt über die Ver= hältniſſe geſ<müd>t, in dem roſenfarbigen Prachtgewande, das der Vater eigens und in großer Eile zu dieſem Anlaß bei einem berühmten Gewandſchneider in Straßburg hatte ſtiden und fertigen laſſen.

Mit frohem Eifer hatte die liebliche Braut ſi ge= ſhmüd>t, ihr von Natur gelo>tes Haar ſtrählen und mit dem goldenen Reif und. den goldenen Nadeln im Na>en zuſammenheſten laſſen, von wo es dann in ſeiner reichen Fülle herabwallte. Sie wußte, ſie war ein ſchönes Mädchen, wohl würdig eines trefflichen Ritters Braut und dereinſtiges Chegemahl zu werden, aber daß dieſer Ritter der in ſolchen hohen Ehren ſtehende Burkard Keller von der Yburg ſein, daß ſie an einem ſolchen Tage, wie dieſer, ſi<h zum Zielpunkt ſo vieler neugierigen , oder gar neidiſchen Blicke gemacht ſehen würde, das halte ſie doch nie geahnt und das exſchien ihr heute wie ein faſt über= großes Glüd.

Und nun! Da kam ex mit dex ruhigen, edlen Unbefangen= heit, die ihm eigen war, begleitet von ſeinem, mit ihm der Ritterwürde theilhaft gewordenen Zwillingsbruder, um vor den Markgräfinnen zu knien und den Handkuß zu leiſten.

Hubert Keller war ſchöner, viel {öner und ſtattlicher von Geſicht und Geſtalt, als Buxkard; aber was galt er in dieſem Kreiſe neben ſeinem berühmten Bruder? Hubert war eine vornehme, ſchier köuigliche- Erſcheinung, aber er wurde wohl nux halb ſo geehrt als ihr Burkard!