Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 3.

400 Der Talisman des Weibes.

fie Play nahm. Vergebens haſchte er nach einem ein= leitenden Worte, aber ſie kam ihm zuvor.

„Zunächſt ſollen Sie erfahren, wie ih der dunklen Kloſterzelle entfloh. Warum ſtehen Sie ſo fern von mix? Glauben Sie, daß alle Gäſte drinnen ein fo lebhaftes Jntereſſe an der lebendig begrabenen Gaëtannina nehmen, wie Sie, dann will ih laut ſprechen!“

„Nein, nein! O, ih —“ Ex rollte einen Seſſel in ihre Nähe, ohne es zu wagen, die reizende Hand, welche ihm ſo nahe lag, zu berühren.

Gaëtannina exzählte in ſ{<li<ten Worten, wie die Oberin des Kloſters Erbarmen mit ihrer Verzweiflung gefühlt und den Termin der Cinkleidung, ungeachtet alles Drängens ihrer Mutter, immer hinauszuſchieben gewußt habe, bis aus dem einen Probejahr faſt deren drei gez worden, daneben habe ſie allerdings mit allen Mitteln dex Güte und Strenge verſucht, Lebensfreude und Liebe3= ſehnſucht in Gaëtannina’s Buſen zu erſti>en; das Erſtere ſei ihr gelungen, das Zweite nicht.

Hier ſchwieg die Marcheſa und heftete einen dux<h= dringenden Bli auf das abgewandte Antliß des Grafen. „Wenn ih außer Selbſtbeherrſchung noh etwas lernte in den geheiligten Räumen, ſo war es Menſchenkenntniß. Das klingt paradox, und dennoch iſt es wahr! Ein unbarmhexziger Gott gab mix als bitteren Erſaß für den vernichteten Leben8muth die Gabe, im Menſchenherzen zu leſen wie in einem Buch, und in Jhrem Herzen —“

„Nicht weiter, Gaëtannina, nicht weiter, ich beſchwöre Sie!|“ rief der unglil>liche junge Mann heftig.