Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 3.

62 Der Talisman des Weibes.

Konflikt zwiſchen angeborenen und anerzogenen Grundz ſäßen und ſeiner Liebe warf ihn wie einen Spielball hin und hex. Nicht anders, als ſei ein fremder Körper in einen widerwilligen Organi8mus gerathen, der ihn nicht beherbergen kann, dur<hzu&te die Liebe zu einer Bretter= Heldin Freiberg’ von ariſtokratiſchen Vorurtheilen erfüllte Bruſt. Was ſchlafloſe Nächte zum Entſchluß hatten reiz fen laſſen, büßte ex unter Jrmengard's Augen jedesmal wieder ein, und war der Zauber gebrochen, ſo- beſtürmten Vorwürfe bitterſter Selbſtanklagen um ſo vernichtender feine Seele. Ju dieſem Kampfe dachte er merkwürdiger Weiſe nux an ſi, während, bevor er Jrmengard wieder= fand, ſein ganzes Denken nur auf ihre Perſon tkonzentrirt geweſen war. Dies bildete eines der vielen Probleme, unter welchen Freiberg litt. Es iſt jedes Mannes tief= innerliches Bedüxfniß, zu der Weiblichkeit ſeiner Aus= erwählten emporzuſehen, ſi<h gern klein fühlend ihrer unz ſchuldsvollen Größe gegenüber.

Das eigenartige Lächeln der Haute=zvolée nun, ſo oft Freiberg ſich in ihrer Mitte zeigte, verwundete ſein reiz= bares und berechtigtes Zartgefühl auf das Empfindlichſlè, nicht weniger auch die mitleidig ſhonungsvolle Art, mit welcher man von ſeiner Verlobung Notiz zu nehmen pflegte. „Fräulein Menari war geſtern wieder ſuperbe als Gret= chen, nicht wahr, lieber Graf?“ Oder: „Fräulein Me= nari hat cin herrliches Bild von ſich bei Blunt ausſtellen laſſen, finden Sie uicht, lieber Graf?“ Keine Dame erz wähnte Jrmengaud's offen als feiner Braut, auch hatte Keine gewünſcht, ihre perſönliche Bekanntſchaft zu machen,

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