Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 3.

66 Dex Talisman des Weibes.

in's Antliß, bis ſie unwillig den Kopf zur Seite wandte. „Alſo leicht iſt Jhnen der Entſ<hluß nicht geworden ; wei= ter wollte ih ni<ts wiſſen!“

„Sie ſind unausſtehli<h mit ihrer ewigen Krittelei und Deutelei!“ rief Jrmengard heftig. „Wenn Sie es denn genau wiſſen müſſen: es hat mich erfreut, die Liebe des Grafen in ihrem vollen Umfange kennen gelernt zu haben. Jh verſichere Sie, Sie thun Unrecht, Mißtrauen zwiſchen mich und Freiberg zu ſäen. Mag er Vorurtheile haben, feine Liebe überwiegt ſie doppelt, dreifah. Meinungsdifferenzen können die Baſis eines edeldenkenden Charaïz ters nit erſchüttern e ſie ſpielen wie der Wind in des Baumes Krone, die Wuxzel bleibt unberührt, ſelbſt im Sturm. Sein Blut, welches ex für mich vergoß, iſt ein feſter Kitt zwiſchen uns geworden. Ha, das ſah Meiſchi> ähnli, ihn ſtatt meiner mit kaltem Lächeln niederzu= ſchießen.“

„Halt!“ rief Dreyſing. „Stellen Sie eine Pflichlz exfüllung nicht höher, als ſie es verdient! Dev Graf zog immerhin das beſſere Loos!“ Als er Frmengard's Bli>ke ſtarr auf fi< ruhen ſah, griff er ärgerlich über ſich ſelbſt nach ſeinem Hut. „Alſo, auf Wiederſehen heute Abend! Nur die Angſt um Jhr Glü>, Jrmengard, flößte mir Zweifel ein; werden Sie glülich, und ih bin beſchämt!“

Sie ni&te unruhig. „Was ſagten Sie doh —

„Nichts, nichts! Auf Wiederſehen !“

Als er fort war, blieb die junge Frau wie von einer Viſion erfaßt regungslos ſtehen. Jhre Lippen bewegten ſich ſtumm wie zu einer neuen Frage. Dann lachte ſie