Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 3.

78 Dex Talisman des Weibes.

gewohnter Ueberwindung ein Lächeln auf ihre Lippen zwingend. i

Dex Graf trat zurü>, es war ihm ſelbſt weh um?s3 Herz. „Jrmengard, wie quälſt Du uns !“

„Es liegt außer meiner Macht, dieſe Qualen zu en= den,“ erwiederte ſie herbe.

Die Flügelthüre ſprang auf. Von hellem Jubelruf begrüßt zeigte ſich der ſtrahlende Weihnachtsbaum den ſehnſuchtsvollen Bli>ken der Kinder, ſelbſt die Kleine auf Jrimengard's Arm begann vor Freude ſaut zu jau<hzen und in die Händchen zu klatſchen.

Sie wandte ſich ſchnell von Freiberg ab, aber niht {nell genug, um den ſprechenden Blik des Juſtizraths überſehen zu können.

„J< will Fhnen die blonde Zappeldame abnehmen, geben Sie heu!“

Srmengard ſchüttelte ſtumm das Haupt. Sprechen fonte ſie jezt nicht, wo eine dunkle Naturgewalt mit einem nur allzu bewußten S<hmerzgefühl um die Heux= ſchaſt in ihrer Bruſt ſtritt.

Gegen das duftende Tannengezweig gekehrt, in deſſen grünen Nadeln ſilberne Fäden und goldene Schnüre von der Lichtergluth bewegt gleich Clfenbrücen in Waldes8= nacht ſchaukelten, ſtand die junge Frau gedankenverloren, das Kniſtern der Kerzen flihrte ſie weiter und weiter aus dex Gegenwart in die ewig unerreichbare Vergangenheit zurü>. Weder Haß, noh Zorn, no<h Stolz vermochten den ſie unſäglich beängſtigenden Bann zu löſen, dann legten ſi<h zwei weiche Hände liebkoſend um ihre Wangen,