Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 3.

86 Der Talisman des Weibes.

Die mit offenen Augen fxäumende junge Frau faltete dankbar ihre Hände ineinander, denn in threx Erinnerung tauchte ein Tag. auf, wo ſie zum erſten Mal vergaß, die _ Bücher auf dem Schreibtiſh ihres Gatten zu ordnen, wie ex es liebte. Stunden bangen Zweifels folgten, die ſie ängſtlih im eigenen Buſen verſhloß, um den geliebten Maun nicht vorzeitig in Unruhe zu verſehen. Cine un= abweisbare Neigung zu trüben Gedanken beherrſchte ſie oft bis zu Thränen, aber ſie floſſen nie in ſeiner Gegen= wart. Wenn ſie litt, litt fie allein. Auch hielt eine wohlbegründete Scheu ſie oft von einem immer Heißer ſi hervordrängenden Geſtändniß zurü> — Meiſchi> hatte dieſer Eventualität niemals Erwähnung gethan, wie konnte ſie wiſſen, ob ex gleich ihr Freude darüber empfinden würde.

Aber wie ſehr Margarethe es auch verſtehen mochte, ihre Stimmung zu beherrſchen , die oft gerötheten Lider und die bleicher werdenden Wangen entgingen den auf=mexkſamen Bliäen ihres Gatten keine8wegs. Er glaubte jedoch, ſoviel Zutrauen verdient zu haben, daß ſie ihm ihren Kummer freiwillig offenbaren ſollte. Doch in einer Abendſtunde, wo er Margarethe ungewöhnli<h Teidend antraf, vergaß er alle Prinzipien und ſchloß ſie trüz ſtend an ſein Herz. Da fand ſie auch den Muth, ihm ſchüchtern und doh mit Hhetmlichem Entzüken zu beichten, was Meiſchi> zu hoffen bereits für immer aufgegeben : daß ſie ſich Mutter fühle.

Wel? eine Sonne des Glü>tes ſtrahlte über ſie herab, als er ſprachlos und dankbar ihr Haupt in beide Hände nahm, um die treuen braunen Augen zu küſſen, welche