Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 3.

90 Der Talisman des Weibes.

ſilberne Tafelgeräth der Familie v. Paſſevini. Vom Ahn zum Enkel durch Fahrhunderte fortgeerbt, zeigten ſich Schau= ſtüde der ſeltenſten Art darunter, Meiſterwerke altitalieni= ſcher Goldſchmiedekunſt, oft von Juwelen funkelnd, oft zu einem maleriſ<h matten Glanze herabgedämpft. Aber köſtz licher no< als Silber und Edelgeſtein glühten die farben= reichen Früchte des Südens in ihren kryſtallenen Schalen, wie die goldenen Aepfel der Hesperiden, wetteifernd an Liebreiz mit dem dunklen, roſigen und zart geſprenkelten Blüthenſhmu> zahlloſer Kamellien, die in Moſaikgruppen geordnet ſi<h mit unnachahmlichem Effekt von dem weißen Tafelgrunde abhoben.

Dex Legationsrath hatte ſi< kurz vor Beginn der Feſtlichkeit zu einer lehten Muſterung ſämmtlicher Ge= mächex eingefunden und trat ſoeben in den Empfangſalon, als von der entgegengeſeßten Seite ſeine Gemahlin mit erhißtem Antliß erſchien.

„Antonio — !“

„Meine Liebe?“

„Du warſt oben?“

„Sie wird erſcheinen, meine Theure !“

„Jh weiß es, aber wie — o Antonio!“ Und ſie drüdte die behandſhuhte Rechte kummervo!l auf ſeinen Arm.

„Nun, wie denn? Du erſchre>ſt mi<h!“

„Ju halbex Nonnentraht! J< hielt es für meine Pflicht, ihre Zofe etwas auszufragen. O Antonio,“ hier bli>te ſie ſcheu auf ihre eigene ebenſo reiche als geſhma>= volle Toilette, „wird die böſe Welt nicht ſagen, ich, die Tante, wolle die Nichte in den Hintergrund drängen ?“

FS