Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 3.

94 Dex Talisman des Weibes.

ſie an ihre Lippen. „Jh bitte um Verzeihung für mein langes Ausbleiben — ein Schwindelanfall hielt mi<h auf.“

Frau v. Paſſevini, dux< dieſes taktvolle Benehmen nunmehr ganz zufriedengeſtellt, ſtellte ihre Nichte mit tadelloſer Lieben8würdigkeit der nächſten Umgebung vor. „Marcheſa Gaëtannina di Caſſero !“

Faſt in demſelben Moment wurden die Thüren zum Speiſeſaal geöffnet, und mit einem bewundernden Ausruf über die eigenartige Schönheit der Marcheſa reichte der Prinz ſeiner Wirthin den Arm. Dex Aufbruch zur Tafel “ordnete ſich ſ{nell.

Dex Legationsrath winkte Freiberg aus dem anſtoßen= den Gemach zu ſich. „Kommen Sie, ih will Sie meiner Nichte, Jhrer Tiſchnachbarin, vorſtellen.“

Der Graf folgte. Jeht wandte ſih die Marcheſa.

„Graf Freiberg — Marcheſa Gaëtannina di Caſſero.”

Hexrx v. Paſſevini bemerkte es in der Eile, mit welcher ex ſich entfernte, niht mehr, daß der Graf die Augen \{loß und nach der Lehne eines Seffels griff, während Gaëtannina mit weit geöffneten Augen an ſeinen Zügen “hängend einem Marmorbilde ähnlicher ſah, als einem athmenden Menſchen.

„Gaëtannina,“ flüſterte ex wie im Traum. „Es iſt ja nicht möglich, es kann niht ſein!“

Sie faßte ſich. „Wir dürfen nicht länger verharren Jhren Arm, Graf Freiberg !“

Er fühlte ihre Hand leiſe erbeben. Cine Beklem= mung ohne Gleichen exfaßte ihn. „Gaëtannina, ſprich