Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 4.

Noman von Georg Hartwig. 25

„Was bereuſt Du?“ fragte ex nähereilend. „Mich gekränkt zu haben, wie ih es verdiene, nein, wie ih es nicht verdiene? Denn nur meine Sinne haben gegen Dich gefehlt, mein Herz niht; es ſpxah für Dich allein. Was mich auf's Neue in Deine Nähe trieb, war Reue, was mich bis zum Tode führt, Verzweiflung. Aber ehe ich jebt für immer von Dir ſcheide, vergib mir, Gaëtannina !“

„Du ſollſt nicht ſterben !“ rief ſie, mit einem Verſuch, ſich aufzurichten. „J< ertrage es niht! Siehſt Du nicht, wie elend das falſ<he Gerücht ſhon mi<h gemacht ?“

Ex ſtürzte an ihr Lager und ſank zu ihren Füßen nieder. Dex Dru>, welcher ſeit länger als vierundzwanzig Stunden gleich einer bleiernen Laſt auf ihm geruht und ſeine Lebensfraft bis zux Empſindungsloſigkeit herabgeſtimmt hatte, hielt dem Anſchauen der leidenden Geliebten nicht Stand. Das leiſe Beben dieſer ſchlanken Glieder, die ſtillen Seufzer, welche übex Gaëtannina’s Lippen glitten, der ſich immer mehr verſchleiernde Bli ihrer Augen entfeſſelten ſeine ſ<hwer bedrängte Seele. Reine, unbefle>te Sehn= ſucht löste den Vernichtungstrieb, wandelte die ſtarre Verzweiflung — Freiberg drü>te ſein Antliß in Gaëtan=ninas Gewand und weinte laut.

Sie fühlte mit unbeſchreiblicher Wonne die Heißen Tropfen über ihre Hände rinnen, als ſie dieſelben um ſein Haupt faltete. E32 wax ihr wie im Traum. „So nicht, ſo nicht, Botho!“ flüſterte ſie. „Wenn Männer weinen, haben wir fein Recht mehx zu zürnen. Du lebſt, das iſt genug! Es iſt Alles verziehen, vergeſſen! Wenn Du glücklich werden kannſt ohne mi<h —“