Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 6.

OS Unter einem Dache.

einzelne Tropfen fielen, gleich darauf praſſelte der Hagel nieder. Vom Wirbelwind gejagt traten die beiden Damen in die niedere Thüre des einſamen Hauſes. Die Wirthin warf verlegene, mürriſche Blike auf die unerwarteten Stadt= gäſte, doh Emiliens ſanfter Stimme und freundlichen Augen gelang es raſh, die ſheue Tirolerin umzuſtimmen. Sie nahm den Damen die Reiſetaſchen ab und ſ{loß die Prunkſtube für ſie auf. Hier ſtanden die buntbemalten Käſten, die hochaufgethürmten Betten, welche den werthvollſten Theil einer ländlichen Mitgift repräſentiren. Jm Glasſchränkchen hing unter verſchiedenen Taſſen, die „Zur Erinnerung‘, „Aus Liebe“ als Juſchrift trugen, und einigen farbigen Gläſern und Heiligenbild<hen der Myrtenkranz, welcher einſt am Trau-Altare die nún röthlih glänzende Stirne -dexr Wixthin geſ<mü>t hatte. Für ſtädtiſche Begriffe bot das „Prunkgemach“ wenig Anziehendes; Emilie aber begrüßte den ſtillen Raum wie ein Aſyl nah den Schre>ken des Hochlandsfturmes, und die beiden Damen beſchäftigten ſich in fröhlicher Laune damit, in der Stube einiges Behagen herzuſtellen.

„Wix haben wohl daran gethan, uns glei zum Bletz ben zu entſchließen ,“ ſagte Bertha, die in der Küche ein paar Anordnungen getroffen hatte. „Der Kutſcher des Einz ſpännexs hat ſi au geweigert, bei dem Unwetter weiter zu fahren, und hat darüber mit den beiden Herren, die im Wagen ſaßen und die um jeden Preis fort wollten, einen heftigen Wortwechſel gehabt. Jch hörte ungeduldige

“engliſche Worte, dazwiſchen das phlegmatiſche Tirolerdeutſ<h des KNutſchers. „Und wanns mix hundert Gulden verz