Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 6.

110 Ünter einem Dache.

Buch, aber ohne jeden Anflug von vornehmem Naſen= rümpfen, nein, mit vergnügtem Jntereſſe. Als man ihm verſtändlih gemacht, daß nux ein Bett zur Verfügung ſtehe, bot er das Zimmer bereitwillig dem Gefährten an, zeigte mit größter Kaltblütigkeit auf die Ofenbank in der Wirthsſtube und meinte, ex werde hier ſ<hlafen. Er habe einen Plaid, mehr brauche ex niht, um ſi<h „,most comfortable‘ zu fühlen.“

„Dex Amerikaner ſcheint Dich ſehr zu intereſſiren,“ ne>te Cmilie, „da Du ihn ſo aufmerkſam beobachtet haſt.“

„Ah weißt Du,“ gab Bertha zurü>k, „es war zu drollig, wie er ſich in der Zeichenſprache mit der Wirthin verſtändigte und doh unwillkürlich ſein Engliſch daziviſchen warf. Uebrigens intereſſiren mi< alle Leute, die nicht ausſehen und reden wie alle Welt, und mir gefällls an einem Manne, wenn er ſih niht von jeder unbedeutenden Entbehrung die Laune verderben läßt. Unſeren verwöhnten modernen „Salonlöwen“ gegenüber ſcheint dieſer Fremde wirklich ein Original zu ſein.“

Die Damen ſollten gleih am nä<hſten Morgen die Bekanntſchaft des „Originals“ machen. Um dex eiſigen Luft in ihrer großen Stube zu entfliehen, hatten ſie ſich in die Küche geſeßt, wo das offene Herdfeuer luſtig flaŒerte, und eben von dem mitgebrachten Thee ein Frühſtück be= reitet, als der Amerikaner eintrat. Ex grüßte mit einer ſehr ſteif-n Verbeugung und wendete ſih dann an die Wirthin, welche die Buttermaſchine drehte, um ſich einen Morgenimbiß zu beſtellen. Doch wie er ſi<h au< Mühe gab, deutſche Worte herauszuwürgen, die Tirolerin ſah