Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 6.

Novelle von E. Merk. : SE

wollte ihr nacheilen. Doch ſein ernſter Freund legte ihm feſt und energiſch die Hand auf den Arm.

Was wollen Sie?“ fragte er rauh.

„O,“ erwiederte dieſer, ihn mit ſeiner unzerſtörbaren Ruhe betrachtend, „ih begreife niht, was das bedeutet, und will mi<h na<h dem Befinden der Dame erkundigen. Warum erſchrak dieſelbe ſo heftig? Jh wollte, ih hätte Sie nicht geholt, Strates, ih hatte mi<h eben fehr gut unterhalten.“

„Vielleicht löſe ih Jhnen einmal das Räthſel ,“ gab der Andere düſter zurü>. „Vielleicht auh — niemals. Nux fo viel: ich bleibe nun hier und ſehe in dieſem Un=z wetter eine Schicfſalsfügung.“

Bextha fand die Freundin in der Stube am Fenſter ſtehend, zitternd, in heftiger Erregung. Auf ihre Frage : „Was iſt Dix? Kannteſt Du den Fremden?“ flüſterte Emilie ein tonloſes „Nein!“ Lroß aller Bemühungen Bertha's ver= harrte ſie in einem dumpfen Schweigen ; nux ſo oft ein Schritt durch den Flux fam, zu>te ſie zuſammen und ſah mit großen Augen na der Thüre. Eine Stunde verging. Man hörte das Rauſchen der Dachtraufe und das Heulen des Stur= mes. Der Kutſcher hatte von der Weiterfahrt dringend abgerathen.

Plößlih wurde haſtig an die Thüre geklopft. Emilie fuhr auf und ihr „Herein!“ klang zitternd wie aus einer angſlerfüllten Bruſt. Doch nicht der Fremde trat ein, den ſie im Fieber zu erwarten ſchien; nux die Magd des Hauſes brachte ſ{hlu<zend die Mittheilung, die nächſte Brücke über den Bach ſei zuſammengebrochen, und ein Arbeiter, der mit

Bibliothek. Jahrg. 1886. Bd. VT. 8