Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 6.

120 i Untex einem Dache.

„Aber ih höre ihn ſeufzen, immex, immerfort, und es macht mi elend, es zerreißt mir das Herz! Jh kann's nicht länger hören! Stelle Dir vox, wenn ex in Schmerzen und Fieber da oben liegt, Durſt leiden muß und um ſonſt na einem Trunk verlangt. Sein Arm war verlebt, vielleicht ſchwer — er hat ſi für einen armen Menſchen großer Gefahr ausgeſeßt und ihm hilft Niemand.“

„Aber, Emilie, Du ſprichſt ſelbſt im Fieber! Warum ſollte ex nicht ſeinen Freund rufen, wenn ex ſi frank fühlt?“ f

„Hörteſt Du Mr. Maxwell denn nicht heute Morgen ſagen, ex habe in jeder Blockhütte, auh wenn er die geladene Piſtole in der Hand halten und jeden Augenbli> eines räuberiſchen Ueberfalles gewärtig ſein mußte, geſchlafen wie ein Murmelthier. Er wird auf der Holzbank da unten ſehr behagli<h ruhen. Ah, ev kann ja nicht mit fo feinem Ohre Hören, wie ich.“ Damit näherte ſie ſi der Thüre.

„Aber ih bitte Dich, Liebſte,“ warnte Bertha, „laß Dix von Deiner übergroßen Nächſtenliebe keinen Streich ſpielen, den Du nachher bereuen müßteſt. Der ſtolze Mann dort oben ſieht mir gerade ſo aus, als würde er über die ungerufene Samariterin ſpotten, ſo lange ex ſih irgend ſelbſt zu helfen vermag.“

Als Emilie ſchwieg, do<h in ganz ungewohnter Opþoz ſition an der Thüre ſtehen blieb, ergriff Bertha ihre Hand und hielt dieſelbe energiſch feſt.

„Emilie, Du biſt ein Kind troß Deiner achtundzwanzig Fahre,“ ſagte ſie. „JG habe mix's geſchworen, Dich zu beſchühßen, und nun ſchüße ih Dich — gegen Dich ſelbſt.“