Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 6.
Von Friedrich Meiſter. 199
Geſchöpfe in den Millionen Welten ſeine Unterthanen und er überwand alle ſeine Feinde. Mögen in gleicher Weiſe die Könige zu Hunderten, zu Tauſenden und zu Zehn= tauſenden fommen und Dir Tribut bringen an himmliſchen Waffen, an weißen Elephanten, an fliegenden Pferden, an Jungfrauen, an köſtlichen Steinen der verſchiedenſten Art, und Dir Anbetung erweiſen auf Deinem Thron, deſſen goldene Füße den Stengeln der Lotosblüthe gleichen, o König !“
Dieſe überſ<wängliche Lobpreiſung entſprah der Wirk-= lichkeit ſehr wenig. Mendun=-Men, der „Jnhaber aller Tugenden“, dex dort fo ſelbſtgefällig auf den Polſtern des Thrones fich dehnte, hatte vor Kurzem erſt ſeinen Bruder, Pagan=-Men, in deſſen Reſidenz überfallen, die Stadt ver= brannt, die Einwohner derſelben ſämmtlich über die Klinge ſpringen laſſen, den Prinzen ſelber aber na<h Amarapura geſchleppt, wo er ihn, ganz in der Nähe dieſer prächtigen Audienzhalle, an Händen und Füßen gefeſſelt in einem finſteren, engen Kerker gefangen hielt. Und während der überſ<hwängliche Lo5geſang die Sinne des Tyrannen um= nebelte, fauerte dicht vor dem Thron wie ein lauernder Tiger ſein anderer leiblicher Bruder, der Ein-ſche=men, und plante mit ſeinem heimlich ſpionirenden Spiegel Meu=z <elmord und Rebellion.
Der Than-dau-gan, eine Art von voxrtragendem Rath, ſas jet mit lauter, eintöniger Stimme den Brief des Bicekönigs und die Liſte der für das Herrſcherpaar be= ſtimmten Geſchenke vor. Darauf richtete der König dux<h ſeinen Sprecher, „die königliche Zunge“ genannt, die drei