Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 6.

Von B. v. Wolfshofer. 225

von Oeſterreich im Jahre 1230 von ihnen ſchied, klagten ſie in wirklicher Betrübniß:

„Wer ſinget uns nu vor

Zu Wienn uff dem tor,

Als ex viel die (oft) hat getan,

Der viel tugendreihe Mann!

Wer ſtift uns an den Reien

Ín dem Herbſt und in dem maien !“

So liegen alle Anzeichen vox, daß man jenen Gebirgs= tanz mit ſeinem Schnadahüpſl bereits zu den Zeiten der Babenberger in Wien ebenſo gut gekannt hat, wie nux in irgend einer anderen Stadt, welche von deutſchen Aelplern bewohnt wurde. Durch das ganze Mittelalter hielt dann dieſe Stimmung an. Denn die Habsburger pflegten fie ebenfall2. Kaiſer Max war ein Minneſänger mit jener Luſt am Frohſinn, wie ſie dem geſammten Süden Deutſh= lands aufgeprägt iſt. Erſt als unter ſeinem Enkel und Nachfolger Karl Y. der Hof in Wien ſpaniſche Sitten annahm, erlitt jene vorwiegend deutſche Strömung eine ge= iviſſe Einſchränkung. Aber das Volk in ſeiner Geſanmt= heit Ließ ſih zu der neuen Richtung nicht bekehren, wie ſeine Sprache blieb au< ſeine Beluſtigung gut deutſch. An den Kirchtagen und Weinleſefeſten tanzte man no< immer den alten gemüthlihen Ländler und ſ<metterte dazu den Shnadahüpfl in die Luft, wie es die Altvordern vor Zahrhunderten gethan.

Gleichwohl fonnte dieſe fremde Richtung für die Entwidelung der Muſik, welche den Tanz begleitete, nicht förderlich ſein. Der ſpaniſche Einfluß exſtre>te ſi ja natur-

Bibliothek. Jahrg. 1886, Bd, VL. 15