Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 7.

98 : Der lebte Folkunger.

die er am Harniſch befeſtigt trug, ſchritt zur großen Ueber= raſhung der Damen nicht auf's Zelt der Königin zu, fon= dern er näherte ſich ihnen. „Verzeiht, edle Jungfrauen,“ redete er ſie an, „darf Jemand, den ein Gelübde bindet, ſich niht zu nennen und ſein Antliß zu verbergen, am Abende vor einer Schlacht von Eurer Huld eine Gunſt erbitten ?“

„Wenn es uns geziemt, dieſelbe zu gewähren,“ verſebte Edda, „ſo ſoll es gern geſchehen.“

„Habt Dank für Eure Güte. J< möchte Jemand, der der Königin nahe ſteht, ein kleines Pä>chen anvertrauen, das nur für den Fall meines Todes in die Hände der

Königin kommen darf, das ih mir zu bewahren und zu= rit>zuerſtatten bitte, wenn ih den morgenden Tag überlebe.“

Es war nichts Auffälliges dabei, daß ein Ritter, der unerkannt im Heere der Königin focht, für den Fall ſeines Todes ſein Geheimniß in die Hände der Königin zu Tegen wünſchte, und ſchien es auch ſeltſam, daß der „Enterbte“, anſtatt ſich an die Königin ſelbſt oder einen ihrer Räthe zu wenden, die zufällige Begegnung mit Damen der Kö=nigin in ſo verſtohlen geheimnißvoller Weiſe ausbeutete, fo konnte Cdda dem „CEnterbten“ ſeine Bitte nicht abſchlagen; aber da ward ihr eine neue Ueberraſchung, der „Enterbte“ bat, das Pä>&chen in die Hände ihrer Begleiterin legen zu dürfen.

„Wie Jhr wollt,“ lächelte Cdda, „Freia Torſten wird Euer Geheimniß ſo gut hüten, wie ich, aber wix wollen wiinſchen, daß Jhr fah der Schlacht das Pä>chen zurü>= fordern könnt, es ſoll unverſehrt bleiben.“