Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 7.

Novelle von À. Kiſtner. j 119

„Ah, Frau Helene ,“ ſagte ex. „Verzeihen Sie, ih hatte Sie nicht geſehen.“

Es war ihm offenbar nicht lieb, ſie zu treffen.

Helene merkte es wohl, dennoch fragte ſie ihn: „Sind Sie krank, Armfeld, oder waren Sie es?“ Fhr Ton klang ſanft und theilnehmend.

Ex ſah flüchtig zu ihr auf und ſagte haſtig: E o nein! Warum fragen Sie ſo?“ :

„Weil ih Sie verändert finde, ſeit ih Sie zuleßt ge= ehe So verändert, daß i<h Sie kaum erkannte.“

„Zum Teufel, man wird älter!“ Ex lachte kurz auf. „Sie freilich nicht, Helene, ewig jung und ewig —“ Ex wollte no< etwas hinzuſeßen, ſchwieg aber.

„Sie ſind doch no in dem Bankgeſchäft in Karl8ruhe ?“ fragte ſie wieder.

SS ES

„Eine angenehme Stellung, niht wahr? Sie haben Glüd gehabt, dieſelbe zu erhalten?“

Ex antwortete jeht nicht; es ſchien ihm peinlich, mit ihr zu ſprechen, überhaupt zu ſprechen.

Helene dachte, er müſſe frank ſein. Hatte wohl gar ſein Verſtand gelitten? So ſeltſam war ex ihr noh nie vorgekommen. Wieder richtete ſie das Wort an ihn: „Wie befindet ſih FJhre Mutter ?“

Ex zu>te zuſammen, nux mit Anſtrengung rangen ſich die Worte von ſeinen Lippen: „Danke, immer das alte Leiden — Nerven. Arme, arme Frau!“

„Den Tod Jhrer Schweſter konnte die liebe Fran wohl nux ſchwer verwinden? Es fam ſo plößlich.“