Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 7.

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Novelle von A. Kiſtner. E

Nun hielt der Zug wieder. Die Herren aus dem Rauchcoupé ſtiegen aus; der Raum war jett leer.

Helenen3 Gegenüber ſprang auf. „Endlich!“ hörte fie ihn leiſe murmeln.

Er wollte in das Rauchcoupé eintreten, jezt wandte er ſih. Die gute Form verlangte, daß er ſich von ſeiner NReiſegefährtin verabſchiedete.

Er ſtotterte etwas von einer Cigarre, die ex rauchen wolle und reichte ihr die zitternde Hand; ſie verſtand faum die Worte, mit denen er ihr Adieu ſagte. Freundlich ſolle fie an ihn denken —, war es niht ſo? Seine Mutter — was war's denn mit ſeiner Mutter? Ex hatte ſie au< „Lenchen“ genannt, wie in der Kinderzeit ; dann war ex gegangen.

În unſagbarer Angſt blieb Helene zurü>. Jhr Herz flopfte, alle ihre Pulſe ſ{hlugen. Hilfeſuchend ſah ſie um ſich. Sie begegnete nur ſtumpfer Gleichgiltigkeit. Jhre Mitreiſenden ſ{<liefen meiſt und zwei Damen, die leiſe plaudernd in der Ete ſaßen, konnten ihr do< nicht ſagen, was ſie wiſſen wollte.

a, was wollte ſie denn eigentlich wiſſen?

Sie denkt nicht, ſie fühlt nur. Zſt ſie im Fieber, träumt ſie, iſt ſie wahnſinnig? Eine Ahnung, daß irgend etwas Fürchterliches geſhehen müſſe, hatte ſih ihrer bemächtigt und verwirrte ihre Sinne.

Nur wenige Minuten no<h — ſie fühlte, daß ſie keine Zeit zu verlieren habe, wankenden Schrittes öffnete ſie die Thüre des Rauchcoupé's und ſank mit einem leiſen Schrei dort auf die Polſter nieder.