Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 7.

132 Ohne viele Worle,

Noch immex ſchwieg ſie, no< immer ſtand ſie ab=gewendet. Er mußte gehen, aber er hielt ihre Hand feſt. „Lenchen,“ flüſterte er, „Lenchen, darf i<h Jhre Hand küffen ?“

Da ſchlang ſie plößli<h ihre Arme um ſeinen Hals und drü>te einen heißen Kuß auf ſeine Lippen.

Mit dieſem Kuß hatte ſie ſeine Seele gerettet und ihr Herz verloren, ;

Am ſelben Nachmittage ſtand Helene vor Armfeld's - Prinzipal. Sie hatte ihm das Geld im Namen ſeines bisherigen Kaſfirers überreiht und bat mmm um eine Quittung.

Der Herr war im höchſten Grade überraſht. Der eben erfolgte Kaſſenabſchluß hatte die fehlenden neuntauſend Mark nachgewieſen. Aber wenn Armfeld im Stande war, die der Kaſſe entnommene Summe wieder zu erſeben, warum ging ex dann fort ?

Die Ueberbringerin des Geldes hatte ein peinliches Verhör zu beſtehen, ſie kam ſich vor, als ſei ſie eine Ver= brecherin.

Während dex Reiſe hatte ſie ſih auf allè dieſe Fragen vorbereitet, die ja ſo natürlih waren. Sie hatte auf alle eine Antwort ſih zurecht gelegt, und doch, jeßt, wo fie reden ſollte, konnte ſie es niht. Sie war eine ſ{lehte Schauſpielerin, ſie war aber auch ein ſhle<ter Anwalt für ihn, deſſen Freiſprechung von aller Shuld ſie ſo gern erwirfen wollte, über den ein mildes Urtheil zu hören ſie ſo heiß erſehnte.